Webasto erreicht Zwei-Milliarden-Finanzierung nach zähen Verhandlungen

blog main image
September 4, 2025
04.09.2025
3 Minuten Lesezeit

Der krisengeschüttelte Autozulieferer kann nach monatelangem Ringen um seine Zukunft endlich durchatmen. Banken, Kunden und Eigentümer haben sich auf ein umfangreiches Sanierungspaket geeinigt.

Durchbruch nach nervenaufreibender Hängepartie

Webasto hat die entscheidende Hürde genommen: Das Rettungspaket steht, auch wenn die finale Vertragsausarbeitung noch aussteht. Nach Informationen von FINANCE sind die Finanzierungsmodalitäten geklärt, nur die juristische Ausformulierung durch beauftragte Kanzleien fehlt noch. Das Volumen der Hilfsmaßnahmen überrascht: Zwei Milliarden Euro stehen bereit – zehnmal mehr als ursprünglich veranschlagt. Diese dramatische Aufstockung spiegelt wider, wie ernst die Lage des Schiebedach-Spezialisten aus Stockdorf wirklich war. Die Schuldenlast hat sich mittlerweile auf eine Milliarde Euro aufgetürmt.

Komplexe Rettungsarchitektur mit vielen Akteuren

Die Finanzspritze setzt sich aus verschiedenen Bausteinen zusammen. Banken stellen frisches Kapital bereit und justieren bestehende Kreditlinien neu. Automobilhersteller, insbesondere Volkswagen als Hauptkunde, gewähren temporär verbesserte Geschäftsbedingungen.

Ein besonders heikler Punkt waren die Eigentümerstrukturen. Die Familien Baier und Mey übertragen ihre Anteile an einen unabhängigen Treuhänder – ein deutliches Signal für den Ernst der Lage und die Bereitschaft zu strukturellen Veränderungen.

Verhandlungsmarathon mit Hindernissen

Was eigentlich im Frühjahr abgeschlossen sein sollte, zog sich über Monate hin. Volkswagen erwies sich als harter Verhandlungspartner, auch die Gespräche über die Treuhandlösung gestalteten sich schwierig. Diese Verzögerungen erhöhten den Druck auf alle Beteiligten erheblich. Begleitet wurden die Gespräche von einem McKinsey-Team unter Timo Kamp, das die Eigentümerfamilien beriet. Die operative Seite vertraten CRO Johann Stohner, CEO Jörg Buchheim und CFO Jörg Bremer.

Personalwechsel im Finanzbereich

Mitten in die heißeste Verhandlungsphase fiel ein bemerkenswerter Führungswechsel. Treasury-Chef Markus Kurfürst verließ Webasto im Juli – ausgerechnet in Richtung des ebenfalls angeschlagenen Agrarkonzerns Baywa. Sein Nachfolger Thomas Woelk bringt relevante Erfahrung mit. Der neue Treasury-Leiter kam von Douglas, wo er den Börsengang begleitete. Zuvor war er bei der Mediamarkt-Saturn-Holding Ceconomy aktiv, die kürzlich chinesische Investoren anzog.

Sanierung bis 2028 geplant

Webasto will die kommenden drei Jahre nutzen, um sich grundlegend zu erneuern. Die ersten Teilbeträge der Rettungsfinanzierung sollen bereits in Kürze fließen. In zwei Wochen werden weitere Details der Vereinbarung bekannt.

Für Professional Services bedeutet die Webasto-Sanierung ein Beispielfall für komplexe Restrukturierungen in der Automobilzulieferindustrie, die unter dem Strukturwandel zur E-Mobilität besonders leidet.