Ein neuer Gesetzesentwurf will ausländische Umgehungskonstruktionen bei Beteiligungen stoppen. Bestehende Investoren müssen sich auf schwierigere Exit-Bedingungen einstellen.
Das Bundesfinanzministerium reagiert auf die jüngsten Private Equity-Einstiege in der Beratungsbranche mit einem Gesetzesentwurf, der bisherige Schlupflöcher schließen soll. Während WTS bereits EQT als Partner gewonnen hat und Afileon komplett PE-finanziert startete, will die Politik nun die Handbremse ziehen. Der neue Paragraf 55g im Steuerberatungsgesetz definiert künftig schärfer, wer sich Steuerberatungsgesellschaft nennen darf. Nur noch Firmen, in denen Steuerberater und Steuerbevollmächtigte sowohl bei Stimmrechten als auch in der Geschäftsführung dominieren, erhalten diese Berechtigung.
Bisher nutzten Finanzinvestoren einen Trick: Sie beteiligten sich an Gesellschaften in Luxemburg, den Niederlanden oder Belgien, wo PE-Einstiege erlaubt sind. Diese Firmen investierten dann in deutsche Steuerberatungen – eine indirekte Beteiligung, die das deutsche Fremdbesitzverbot umging. BStBK-Präsident Hartmut Schwab hatte genau diese Gesetzeslücke kritisiert und Nachbesserungen gefordert. Seine Sorge: Externe Investoren könnten die berufliche Unabhängigkeit der Steuerberater gefährden.
Ashurst-Partner Florian Hirschmann sieht die Novelle kritisch. Er argumentiert mit möglichen Verstößen gegen EU-Recht und Verfassungsprinzipien. Seit 2018 läuft bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen des Steuerberatungsgesetzes – der neue Entwurf könnte weitere rechtliche Probleme schaffen. Die EU-Kommission bemängelt die widersprüchliche Struktur des deutschen Systems: Hohe Qualitätsanforderungen für Steuerberater stehen neben Ausnahmen für Lohnsteuerhilfevereine oder Banken mit geringeren Standards.
Für bereits etablierte PE-Beteiligungen entsteht Rechtsunsicherheit. Das Finanzministerium signalisiert zwar, dass bestehende Strukturen fortgeführt werden können, falls das Fremdbesitzverbot auch bei der Muttergesellschaft eingehalten wird. Hirschmann sieht das anders: Ohne expliziten Vertrauensschutz könnten Restrukturierungen nötig werden. Problematisch wird auch der Exit: Künftige Käufer müssen den neuen Vorgaben entsprechen, was den Kreis potentieller Erwerber drastisch einschränkt. Family Offices oder andere PE-Gesellschaften fallen als Kaufinteressenten weg.
Taylor Wessing-Partner Amir-Said Ghassabeh warnt vor negativen Folgen: Ein zu starres Fremdbesitzverbot könnte Kapitalzugang, Innovation und internationale Kooperationen behindern. Die Digitalisierung und Nachfolgeproblematik blieben ungelöst. Trustberg-Partner Clemens Engelhardt hofft auf konstruktive Diskussionen während des Gesetzgebungsverfahrens. Der Mandant solle im Fokus stehen, aber die Anbieterseite müsse auch zukunftsfähig bleiben dürfen.
Hirschmann rechnet erst Mitte bis Ende 2026 mit der finalen Verabschiedung. Bis dahin durchläuft der Entwurf mehrere Lesungen und Ausschussberatungen – Zeit für substanzielle Änderungen. Die Branche steht vor der Frage, ob Private Equity wirklich die erhofften Lösungen für Fragmentierung und Digitalisierungsrückstand bringt oder ob traditionelle Strukturen besser geeignet sind.