Professional Services-Experten können in volatilen Märkten bis zu 30 Prozent Vergütungssteigerung erzielen – Personalknappheit schafft Verhandlungsmacht trotz wirtschaftlicher Turbulenzen.
Wirtschaftliche Unsicherheiten katalysieren überraschenderweise Vergütungssteigerungen für qualifizierte Fachkräfte. Karriereberaterin Nane Nebel beobachtet verstärkte Nachfrage nach Führungskräften ohne "Stallgeruch" zur Krisenbewältigung. Julian Stahl von Xing bestätigt diese Entwicklung: Personalmangel und Qualifikationsdefizite erhöhen Verhandlungsspielräume erheblich. Die Xing-Wechselwilligkeitsstudie 2025 identifiziert Gehaltssteigerung als primären Wechselmotivator. Besonders Generation Z und Millennials nutzen Arbeitgeberwechsel für signifikante Karrieresprünge, da traditionelle interne Beförderungswege oft unzureichende Vergütungsanpassungen bieten.
Stahl prognostiziert durchschnittliche Vergütungserhöhungen von 10 bis 20 Prozent bei vergleichbaren Positionen. Bei stark nachgefragten Qualifikationen oder erweiterten Verantwortungsbereichen erreichen Steigerungen bis zu 30 Prozent. Diese Spannen gelten sowohl für Steuerberatung als auch Wirtschaftsprüfung. Nebel warnt vor Fixierung auf Grundgehälter bei Führungspositionen. Variable Vergütungskomponenten können erheblich zur Gesamtvergütung beitragen, bergen aber Risiken bei unternehmensabhängigen Bonussystemen. Vertragliche Klarstellung aller Vergütungsbestandteile verhindert spätere Enttäuschungen.
Kurzfristig erwerbbare Zertifizierungen verstärken Verhandlungspositionen erheblich. Für Professional Services-Bereiche empfiehlt Stahl IT-Herstellerzertifikate, Projektmanagement-Qualifikationen und KI-Anwendungskompetenzen. IHK-Zertifikate und betriebswirtschaftliche Zusatzqualifikationen ergänzen fachspezifische Expertise. Diese Micro-Credentials lassen sich parallel zur Stellensuche erwerben und signalisieren Arbeitgebern Anpassungsfähigkeit und Weiterbildungsbereitschaft – entscheidende Faktoren in sich wandelnden Professional Services-Märkten.
Nebel identifiziert 80 Prozent lukrativer Führungspositionen im "verdeckten Markt" jenseits öffentlicher Stellenausschreibungen. Direktansprache von Unternehmen, Personalberatern und Netzwerkkontakten übertrifft LinkedIn-basierte Bewerbungsstrategien. Erfolgsnachweis schlägt Qualifikationszertifikate: Messbare Ergebnisse und Profitbeiträge für vorherige Arbeitgeber schaffen Vertrauen in zukünftige Performance und rechtfertigen Gehaltsforderungen überzeugend.
Stahl empfiehlt "krumme" Gehaltsforderungen wie 96.700 statt 95.000 Euro. Diese Präzision signalisiert intensive Marktanalyse und Verhandlungsbereitschaft. Arbeitgeber runden typischerweise auf niedrigere Stufen ab, weshalb höhere Ausgangsforderungen vorteilhaft sind. Alternative Vergütungskomponenten bieten Flexibilität bei Budgetrestriktionen: Fixboni, garantierte Gehaltssteigerungen oder erweiterte Benefits kompensieren begrenzte Grundgehaltsspielräume.
Nebel warnt vor eindimensionaler Fokussierung auf Gehaltssteigerungen. So erzielte einer ihrer Klienten beispielsweise 50 Prozent Vergütungsplus, scheiterte aber an unvereinbaren Work-Life-Balance-Anforderungen. Erfolgreiche Jobwechsel erfüllen 80 Prozent persönlicher Prioritäten, nicht ausschließlich finanzielle Ziele, so Nebel. Für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer bedeutet dies: Mandantenportfolio, Spezialisierungsmöglichkeiten, Fortbildungsbudgets und Partnerschaftsperspektiven sollten gleichgewichtet mit Vergütungsaspekten bewertet werden.