Branchenwandel: Private Equity erobert deutschen Prüfermarkt

06.07.2025
06.07.2025
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Ein Waterland-Investment bei Intaria verstärkt den Konsolidierungstrend in der traditionell fragmentierten Wirtschaftsprüfungsbranche.

Systematische Marktkonsolidierung durch internationale Investoren

Der deutsche Wirtschaftsprüfungsmarkt erlebt eine beschleunigte Transformation durch Private Equity-Aktivitäten. Waterland, ein niederländischer Finanzinvestor, erweitert sein Moore-Netzwerk durch die Mehrheitsübernahme der mittelständischen Prüfgesellschaft Intaria. Diese Transaktion exemplifiziert die systematische Professionalisierung einer traditionell partnerschaftlich geprägten Branche. Intaria beschäftigt 190 Mitarbeiter an drei bayerischen Standorten und erzielte 2024 einen Umsatz von 21 Millionen Euro. Obwohl das Unternehmen nicht zu den deutschen Top-25-Prüfern gehört, illustriert der Deal die Attraktivität auch kleinerer Marktteilnehmer für internationale Investoren.

Moore-Netzwerk als europäische Expansionsplattform

Waterland verfolgt eine konsequente Buy-and-Build-Strategie innerhalb des globalen Moore-Netzwerks. Nach Einstiegen bei Moore Belgium (2020), Moore Kingston Smith und Moore Ireland (2023) sowie Moore DRV (2024) erschließt sich der Investor nun den deutschen Markt. Diese geografische Diversifikation schafft grenzüberschreitende Synergien für internationale Mandanten. Die akquirierten Moore-Gesellschaften operieren in erheblich größeren Dimensionen: Moore Belgium verfügt über 1.900 Mitarbeiter, Moore DRV über 1.500 Beschäftigte und Moore Kingston Smith ebenfalls über 1.500 Angestellte. Das deutsche Moore-Netzwerk erwirtschaftete 2024 insgesamt 214 Millionen Euro Umsatz.

Strategische Wachstumsambitionen und Serviceerweiterung

Intaria plant umfassende Portfolioerweiterungen durch gezielte Akquisitionen und strategische Partnerschaften. Das Leistungsspektrum soll um Digital Analytics-Beratung und Fördermittelberatung ergänzt werden. Zusätzlich erhält die Gesellschaft Zugang zu KI-gestützten Tools und technologischen Innovationen des Moore-Netzwerks. Die geografische Expansion innerhalb Deutschlands steht ebenfalls im Fokus der Wachstumsstrategie. Durch die internationale Vernetzung können komplexere grenzüberschreitende Mandate effizienter bearbeitet werden, was insbesondere mittelständischen Mandanten mit internationalen Aktivitäten zugutekommt.

Regulatorische Rahmenbedingungen und Genehmigungsverfahren

Das Bundeskartellamt erteilte bereits im April die erforderliche Freigabe für die Transaktion. Moore Belgium gründete Ende 2024 präventiv die MBE Deutschland GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft als Akquisitionsvehikel. Dieses strukturierte Vorgehen unterstreicht die professionelle Herangehensweise bei Private Equity-Transaktionen in regulierten Branchen. Die ursprüngliche Intaria-Partnerschaft bleibt in "signifikanter Höhe" am Unternehmen beteiligt und behält die operative Geschäftsführung. Diese Kontinuität soll Mandantenbeziehungen stabilisieren und bewährte Arbeitsweisen erhalten.

Branchentrend: Von EQT bis Ufenau Capital

Der Intaria-Deal reiht sich in eine Serie von Private Equity-Aktivitäten ein. EQT akquirierte im April die Steuerberatungsgruppe WTS, während Ufenau Capital bei PKF WMS einstieg. Grant Thornton steht Berichten zufolge vor ähnlichen Verhandlungen. Diese Häufung signalisiert einen fundamentalen Strukturwandel der Branche. Kleinere Prüfungsgesellschaften erkennen zunehmend die Vorteile externer Kapitalgeber: Finanzierung von Technologieinvestitionen, Unterstützung bei Akquisitionen und Zugang zu internationalen Netzwerken. Gleichzeitig entstehen Synergien durch gemeinsame Ressourcennutzung und Spezialisierung.

Qualitätsdebatte und Unabhängigkeitsfragen

Die Private Equity-Aktivitäten lösen kontroverse Diskussionen über Prüfqualität und berufliche Unabhängigkeit aus. Kritiker befürchten Interessenkonflikte zwischen Renditezielen und Qualitätsstandards. Befürworter argumentieren mit verbesserter Kapitalausstattung und professionelleren Managementstrukturen. Die regulatorischen Rahmenbedingungen erfordern jedoch weiterhin strikte Einhaltung berufsrechtlicher Vorschriften. Private Equity-Investoren müssen sich in die komplexen Governance-Strukturen der Prüfungsbranche einfügen und können nicht unmittelbar operative Entscheidungen beeinflussen.

Marktausblick: Weitere Konsolidierung erwartet

Der fragmentierte deutsche Prüfungsmarkt bietet Private Equity noch zahlreiche Investitionsgelegenheiten. Besonders mittelständische Gesellschaften ohne Nachfolgeregelung werden zu attraktiven Targets. Die Kombination aus demografischem Wandel, Technologiedruck und Internationalisierungsanforderungen beschleunigt diesen Konsolidierungsprozess weiter.