Ecovis-Umfrage deckt breite Skepsis gegenüber Finanzinvestoren auf

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September 15, 2025
15.09.2025
3 Minuten Lesezeit

Deutsche Berufsträger betrachten Private Equity-Engagements kritisch, sehen sich persönlich aber kaum betroffen. Die Bundesregierung reagiert mit Gesetzesverschärfungen auf wachsende Branchenkonzentration.

Branchenweite Ablehnung überwiegt deutlich

Eine aktuelle Erhebung von Ecovis unter 1.500 Steuerberatern offenbart fundamentale Vorbehalte gegenüber Kapitalgebern. Fast die Hälfte der Befragten äußert Bedenken bezüglich externer Investitionen, während nur elf Prozent positive Entwicklungen erwarten. Drei Viertel der Teilnehmer verfolgten entsprechende Medienberichte über Transaktionen wie WTS und Afileon. Diese hohe Aufmerksamkeit unterstreicht die Brisanz des Themas für die gesamte Beratergemeinschaft.

Unabhängigkeit als zentrale Sorge

Berufsträger fürchten primär den Verlust ihrer Neutralität als "unabhängiges Organ der Rechtspflege". Die Unterordnung unter externe Profitinteressen widerspricht ihrer beruflichen Identität und gesellschaftlichen Funktion. Zusätzlich befürchten sie eine Zwei-Klassen-Beratung, bei der lukrative Großmandate bevorzugt und kleinere Mittelstandsklienten vernachlässigt werden. Diese Entwicklung könnte die flächendeckende Beratungsqualität gefährden.

Regulatorische Gegenmaßnahmen in Vorbereitung

Das Bundesfinanzministerium reagiert mit einem Gesetzesentwurf zur Stärkung des Fremdbesitzverbots. Der neue Paragraph 55g soll Beteiligungen ausländischer Gesellschaften mit Finanzinvestoren-Mehrheit unterbinden. Eine Ministeriumssprecherin betont: "Steuerberater müssen ausschließlich im Mandanteninteresse handeln." Diese Position deckt sich mit Forderungen der Bundessteuerberaterkammer nach Schließung bestehender Gesetzeslücken.

Demografische Herausforderungen verstärken Druck

Die Altersstruktur der Branche verschärft die Problemlage: Nur 2,3 Prozent der Kammermitglieder sind unter 30, während fast 31 Prozent über 60 Jahre alt sind. Diese Entwicklung begünstigt Konsolidierungstendenzen. Dr. Ferdinand Rüchardt von Ecovis unterstreicht die gesellschaftliche Verantwortung: "Unser Berufsstand erfüllt eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe in der Finanzierung unseres Gemeinwesens und eine unabdingbare Dienstleistung gerade im für den Standort Deutschland so wichtigen Mittelstand. Wer immer in diesem beruflichen Umfeld agiert, muss sich dieser Verantwortung zwingend bewusst sein."

Paradoxe Selbsteinschätzung der Betroffenheit

Trotz grundsätzlicher Kritik sehen sich nur 24 Prozent der Befragten regelmäßig mit dem Thema konfrontiert. Lediglich neun Prozent recherchieren aktiv nach Informationen. Diese Diskrepanz zwischen allgemeiner Sorge und persönlicher Betroffenheit charakterisiert die aktuelle Branchenstimmung. Die Mehrheit erwartet dennoch eine Marktkonsolidierung durch steigende Anforderungen und Rekrutierungsschwierigkeiten. Größere inhabergeführte Gruppen und investorengetriebene Strukturen werden als künftige Marktakteure gesehen.