Eine Softgarden-Studie zeigt: Jeder dritte Bewerber nutzt bereits KI-Tools für Bewerbungsunterlagen. Für Kanzleien entstehen neue Bewertungskriterien bei der Talentauswahl.
Professional Services stehen vor einem Paradigmenwechsel bei der Kandidatenbewertung. Zwischen Mai und Juli 2025 befragte Softgarden knapp 7.000 Jobsuchende zu ihrer Nutzung intelligenter Bewerbungstools. Das Ergebnis überrascht: Seit 2023 hat sich die Verwendung von KI-Assistenten wie ChatGPT mehr als verdreifacht. Besonders Nachwuchskräfte zwischen 25 und 34 Jahren integrieren diese Technologien routinemäßig in ihre Bewerbungsstrategie. In der Gruppe der Hochschulabsolventen erreicht die Nutzungsquote 54,2 Prozent – ein deutlicher Indikator für veränderte Arbeitsgewohnheiten der nächsten Beratergeneration.
Die Daten offenbaren interessante Korrelationen zwischen Qualifikationsniveau und Technologieaffinität. Während die Hälfte aller Akademiker bereits KI-Unterstützung ausprobiert hat, liegt der Anteil bei Hauptschul- oder Realschulabsolventen bei nur 31,6 Prozent. Diese Diskrepanz spiegelt unterschiedliche Zugänge zu innovativen Arbeitsmethoden wider. ChatGPT dominiert mit 85,8 Prozent Marktanteil deutlich vor Design-Plattformen wie Canva. Ein Drittel der Befragten setzt KI-Tools standardmäßig ein, weitere 42,9 Prozent greifen bei schwierigen Bewerbungen darauf zurück.
Vorbehalte gegenüber KI-Integration schwinden merklich: Der Anteil grundsätzlicher Kritiker sank von 50,7 Prozent (2023) auf 26,5 Prozent. Gleichzeitig wünschen sich 80,3 Prozent schnellere Rückmeldungen durch automatisierte Unternehmensprozesse. Sorgen bleiben bestehen: 85,8 Prozent befürchten Verlust persönlicher Kontakte, 81,7 Prozent sehen Risiken algorithmischer Fehlentscheidungen. Für Kanzleien entstehen daraus Anforderungen an transparente, menschenzentrierte Auswahlverfahren.
Professional Services müssen ihre Rekrutierungsstrategien überdenken. Traditionelle Bewertungskriterien wie individueller Schreibstil verlieren an Aussagekraft, wenn KI-Tools bei der Texterstellung helfen. Stattdessen rückt die Fähigkeit in den Fokus, moderne Technologien sinnvoll zu nutzen. Ein qualitativ hochwertiges, KI-unterstütztes Anschreiben kann paradoxerweise mehr über Technologiekompetenz aussagen als über persönliche Motivation. Für Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzleien, die zunehmend auf Digitalisierung setzen, wird KI-Affinität zu einem relevanten Auswahlkriterium. Die Herausforderung liegt darin, authentische Kandidatenbewertung mit der Realität KI-gestützter Bewerbungsprozesse zu vereinbaren.