Der deutsche Steuerberaterverband nutzt die EU-Evaluierung, um eine sprachliche Ungenauigkeit zu korrigieren, die Steuerberater gegenüber Rechtsanwälten benachteiligt. Österreich zeigt bereits den richtigen Weg auf.
Eine fehlerhafte Übersetzung aus dem Englischen führt zur systematischen Benachteiligung von Steuerberatern beim Hinweisgeberschutz. Während Rechtsanwälte bei steuerlicher Beratung von der Anwendung ausgenommen sind, unterliegen Steuerberater trotz identischer Berufsgeheimnispflicht den vollständigen Regelungen. Der ursprünglich englische Begriff "legal professional privilege" wurde irreführend als "anwaltliches Berufsgeheimnis" übersetzt, obwohl er sämtliche rechtsberatende Professionen umfasst. Diese linguistische Unschärfe manifestiert sich in unterschiedlichen Rechtspflichten für funktional identische Tätigkeiten.
Während Deutschland bis jetzt an der problematischen Übersetzung festhielt, demonstriert Österreich eine gelungene Richtlinienumsetzung. Dort werden Steuerberater und Wirtschaftsprüfer analog zu Rechtsanwälten behandelt und vom Anwendungsbereich ausgenommen. Diese Lösung entspricht dem eigentlichen Regelungszweck und vermeidet künstliche Standesunterschiede bei identischen Berufsgeheimnissen. Der österreichische Ansatz zeigt, wie europäische Vorgaben sachgerecht in nationales Recht transformiert werden können.
Aufgrund der Initiative "German Tax Advisers" - einer Brüsseler Kooperation zwischen DStV und Bundessteuerberaterkammer - hat die EU-Kommission Verbesserungen zugesagt. Künftig soll "legal professional privilege" einheitlich und nicht mehr als "anwaltliches Berufsgeheimnis" übersetzt werden. Diese Zusage adressiert ein strukturelles Problem EU-weiter Rechtsetzung: Die primär englischsprachige Verhandlung in Brüssel und Straßburg führt bei Übersetzungen zu nationalen Interpretationsspielräumen, die ungewollte Rechtsunsicherheiten erzeugen.
Der DStV nutzt die laufende Richtlinienbewertung für eine umfassende Stellungnahme zur Übersetzungskorrektur. Die bis Ende 2026 geplante Evaluierung bietet eine strukturelle Chance zur Beseitigung der sprachbedingten Benachteiligung. Diese Intervention verdeutlicht die Notwendigkeit aktiver Interessenvertretung bei EU-Gesetzgebungsprozessen. Ohne kontinuierliche Advocacy-Arbeit bleiben strukturelle Defizite unkorrigiert und verfestigen sich in der Rechtspraxis.
Die Gleichstellung aller rechtsberatenden Berufe beim Hinweisgeberschutz würde Rechtssicherheit schaffen und Wettbewerbsverzerrungen beseitigen. Mandanten könnten dann unabhängig von der Berufsqualifikation ihres Beraters einheitlichen Schutz erwarten. Für die Beratungspraxis bedeutet eine Korrektur weniger Compliance-Komplexität und klarere Mandatsabgrenzungen zwischen verschiedenen Professional Services-Anbietern.