Allianz-Mandatsvergabe markiert EY-Rehabilitation nach Wirecard-Krise

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August 26, 2025
26.08.2025
3 Minuten Lesezeit

Der Versicherungsriese wählt die Big-Four-Gesellschaft als Nachfolger von PwC – zweiter Dax-Erfolg seit Apas-Sanktionen signalisiert Marktvertrauen.

Strategische Neupositionierung nach Rotationszyklus

Der Münchener Versicherungskonzern Allianz hat seine Abschlussprüfer-Nachfolge entschieden: EY übernimmt ab dem Geschäftsjahr 2027 die Prüfungsverantwortung von PwC, das seit 2018 mandatiert war. Diese Entscheidung erfolgte nach einem regulären Ausschreibungsverfahren, das im Januar startete und der gesetzlich vorgeschriebenen Zehnjahres-Rotation entspricht. Der Aufsichtsrat traf die Entscheidung Mitte August nach einem intensiven Auswahlprozess, bei dem sich EY gegen KPMG durchsetzte. Das Mandat umfasst neben der Jahresabschlussprüfung auch Solvenzübersichten und IFRS-Berichtspakete für den Konzernabschluss der global operierenden Versicherungsgruppe.

Komplexität als Benchmark für Big-Four-Kompetenz

Die Allianz repräsentiert eines der anspruchsvollsten Prüfungsmandate im deutschen Markt. Als weltgrößter Versicherer mit zahlreichen internationalen Tochtergesellschaften, hohem Regulierungsaufwand und umfangreicher Berichtspflicht stellt der Konzern maximale Anforderungen an Prüfungskapazitäten. PwC erhielt 2024 für Abschlussprüfung und Zusatzleistungen 26,5 Millionen Euro Honorar – eine Größenordnung, die nur die Big-Four-Gesellschaften bewältigen können. Die vorzeitige Beendigung nach neun statt zehn Jahren zeigt die Allianz-Präferenz für planbare Übergänge.

EY-Comeback trotz Apas-Restriktionen

Für EY markiert das Allianz-Mandat den zweiten bedeutenden Dax-Erfolg seit der Wirecard-Affäre. Nach Qiagen (ab 2025) demonstriert die Versicherungsgruppe Vertrauen in EYs rehabilitierte Prüfungsqualität, obwohl die Apas-Sperre für deutsche Unternehmen von öffentlichem Interesse erst Frühjahr 2026 endet. Die Qiagen-Konstellation umging diese Beschränkung durch niederländischen Konzernsitz und Mandatierung der EY-Niederlande-Division. Bei der Allianz entfällt diese Komplexität, da das Mandat erst nach Ablauf der Sanktionsperiode beginnt.

Marktposition unter Druck

Der Mandatsgewinn erfolgt zu einem kritischen Zeitpunkt für EY Deutschland. Mit stagnierendem Umsatz von 2,6 Milliarden Euro und minimalem Wachstum von 1,1 Prozent kämpft die Gesellschaft mit rückläufigem Beratungsgeschäft und anhaltenden Wirecard-Folgen. EY prüft derzeit nur sechs Dax-40-Unternehmen und benötigt prestigeträchtige Mandate zur Marktrehabilitierung. Die Allianz-Entscheidung signalisiert Vertrauen in EYs fachliche Rehabilitation und könnte weitere Mandatsgewinne katalysieren.

Schweigepflicht verhindert Kommentierung

EY verzichtete auf Stellungnahmen zum Mandatsgewinn unter Verweis auf die berufliche Schweigepflicht. Diese Zurückhaltung entspricht Branchenstandards, unterstreicht aber auch die Sensibilität nach den Wirecard-Turbulenzen. Das Allianz-Mandat rehabilitiert EY als vertrauenswürdigen Partner für Großkonzerne und könnte die Wettbewerbsposition gegenüber anderen Big-Four-Gesellschaften nachhaltig stärken.