Richard Lutz erhält 2,1 Millionen Euro bei operativem Minus von 333 Millionen – vorzeitiger Abgang löst Abfindungsdebatte aus.
Während die Deutsche Bahn operative Verluste von 333 Millionen Euro verbucht und das Konzernergebnis nach Steuern bei minus 1,8 Milliarden Euro liegt, erreichen Vorstandsbezüge Rekordhöhen. CEO Richard Lutz vereinnahmte 2024 eine Gesamtvergütung von 2,1 Millionen Euro, Ex-CFO Levin Holle 1,25 Millionen Euro. Diese Konstellation befeuert die Kritik an staatlicher Managervergütung in verlustschreibenden Unternehmen. Das erste Halbjahr 2025 verstärkte die negative Entwicklung mit 760 Millionen Euro Verlust. Trotz dieser Bilanz erhielt Lutz eine substanzielle Grundgehaltssteigerung von 990.000 auf 1,4 Millionen Euro – monatlich über 110.000 Euro Fixbezug.
Lutz' variable Vergütungskomponenten umfassten 384.000 Euro Jahresbonus und 322.000 Euro Langzeitincentive (LTI). Der Jahresbonus orientiert sich offiziell an kundenrelevanten Größen, betrieblicher Performance, Kundenzufriedenheit und ESG-Zielen. Konkrete Kennzahlen oder Zielerreichungsgrade verschweigt die Deutsche Bahn systematisch. Diese Intransparenz erstreckt sich auch auf ressortspezifische Ziele und LTI-Kriterien, die angeblich Verkehrs- und Klimapolitik sowie nachhaltige Bonität adressieren. Auf Medienanfragen verweigert der Konzern detaillierte Auskünfte zu Vergütungsgrundlagen.
Lutz' vorzeitiger Rückzug vor Vertragsende 2027 generiert Abfindungsansprüche nach konzerninternen Richtlinien. Der "Abfindungscap" begrenzt Zahlungen auf maximal zwei Jahresgehälter inklusive Bonuskomponenten. Bei Anwendung der 2024er-Vergütung als Berechnungsbasis erreicht die Abfindung bis zu 4,2 Millionen Euro. Diese Summe übertrifft bereits die 2,25 Millionen Euro Abfindung seines Vorgängers Rüdiger Grube, der nach sechseinhalb Jahren ausschied. Die Deutsche Bahn verweigert konkrete Angaben und verweist auf "Aufsichtsratsangelegenheiten".
Lutz' Vergütungshistorie dokumentiert strukturelle Probleme: Bereits als CFO verdiente er 2016 1,7 Millionen Euro, als CEO schwankten seine Bezüge zwischen 1,2 Millionen (2023) und 2,2 Millionen Euro (2022). Diese kontinuierlich hohen Vergütungen kontrastieren scharf mit der anhaltenden Konzernkrise. Besonders problematisch: 2023 entfiel der Jahresbonus aufgrund staatlicher Strompreisbremsen-Unterstützung, 2024 erfolgte jedoch trotz verschlechterter Geschäftslage eine vollständige Auszahlung variabler Komponenten.
Für Wirtschaftsprüfer und Steuerberater ergeben sich komplexe Bewertungsfragen: Wie lassen sich Millionenvergütungen in verlustschreibenden Staatsunternehmen rechtfertigen? Welche Governance-Standards gelten bei intransparenten Bonussystemen? Die Deutsche Bahn demonstriert exemplarisch die Schwächen deutscher Corporate Governance in staatsnahen Bereichen. Die Kombination aus operativen Verlusten, steigenden Fixgehältern und millionenschweren Abfindungen stellt die Angemessenheit staatlicher Managervergütung grundsätzlich infrage und erfordert dringend regulatorische Intervention.