Ein hochrangiger Staatsanwalt verlässt sein Amt, nachdem er Untersuchungen gegen Regierungskritiker ohne ausreichende Beweislage ablehnte. Die Entwicklung wirft Fragen zur Unabhängigkeit der Strafverfolgung auf.
Erik Siebert, leitender Bundesstaatsanwalt für den östlichen Distrikt von Virginia, beendete seine Amtszeit nach öffentlichem Druck aus dem Weißen Haus. Der erfahrene Jurist, der seit 2022 diese Position innehatte und zuvor die Abteilung für Wirtschaftskriminalität mitleitete, verweigerte die Einleitung von Verfahren gegen politische Oppositionelle aufgrund unzureichender Beweislage. Konkret lehnte Siebert Ermittlungen wegen angeblichen Hypothekenbetrugs gegen die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James ab. Ebenfalls verweigerte er Untersuchungen gegen den ehemaligen FBI-Direktor James Comey, beide prominente Kritiker der aktuellen Administration.
Seit dem Watergate-Skandal 1973 gilt die Trennung zwischen politischer Führung und Strafverfolgung als fundamentales Prinzip. Das damalige "Saturday Night Massacre" - als hochrangige Justizbeamte aus Protest gegen präsidiale Einmischung zurücktraten - etablierte ungeschriebene Normen gegen direkte Intervention. Das US-Justizministerium untersteht zwar formal der Exekutive, operiert jedoch traditionell mit weitgehender Autonomie bei Ermittlungsentscheidungen.
Die Administration fordert öffentlich ein Verfahren gegen Senator Adam Schiff, der im ersten Amtsenthebungsverfahren eine zentrale Rolle spielte, sowie gegen Generalstaatsanwältin James, die zivilrechtliche Klagen gegen Trump führte. Ein Berufungsgericht reduzierte kürzlich verhängte Geldstrafen als überzogen. Weitere Bundesstaatsanwälte stehen unter Beobachtung, darunter Kelly Hayes aus Maryland, die Ermittlungen gegen Schiff und den ehemaligen Sicherheitsberater John Bolton leitet. Beiden wird vorgeworfen, die Verfahren nicht mit ausreichender Geschwindigkeit voranzutreiben.
Für Sieberts Position nominierte die Administration Lindsey Halligan, eine frühere Verteidigerin in Dokumentenaffären. Diese Personalentscheidung wird als Indikator für verstärkte exekutive Kontrolle über Ermittlungsverfahren interpretiert.
Juristen und Oppositionspolitiker warnen vor Erosion der Gewaltenteilung. Senatsminderheitsführer Chuck Schumer bezeichnete die Entwicklung als "Weg in die Diktatur" und äußerte fundamentale Sorgen über die Instrumentalisierung von Strafverfolgungsbehörden.
Für international tätige Steuerberater und Wirtschaftsprüfer illustriert dieser Fall die Relevanz institutioneller Unabhängigkeit bei Compliance und Rechtsdurchsetzung. Politisierte Justizsysteme erhöhen Rechtsunsicherheit bei grenzüberschreitenden Mandaten und erfordern verstärkte Risikoanalysen bei US-Geschäftsbeziehungen.