Ein durchgesickerter Gesetzesentwurf sieht mehrere steuerliche Vergünstigungen vor, um Vollzeitarbeit und längere Lebensarbeitszeit zu fördern. Die Maßnahmen zielen auf Fachkräftemangel und demografischen Wandel ab.
Das Arbeitsministerium hat einen Referentenentwurf vom 12. September ausgearbeitet, der trotz fehlender Ressortabstimmung bereits politische Zustimmung von Bundeskanzler Merz erhalten haben soll. Die geplanten Regelungen adressieren verschiedene Arbeitsmarktsegmente mit gezielten Steuerbefreiungen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen konzentrieren sich auf drei Kernbereiche: Verlängerung der Erwerbsphase bei Rentnern, Incentivierung von Überstunden und Anreize zur Aufstockung von Teilzeitbeschäftigung.
Arbeitnehmer, die nach Erreichen der Regelaltersgrenze weiterarbeiten, sollen monatlich bis zu 2.000 Euro steuerfrei erhalten. Sozialversicherungsbeiträge fallen weiterhin an, und der Progressionsvorbehalt bleibt bestehen. Problematisch erscheint die Beschränkung auf abhängig Beschäftigte. Selbständige, Gewerbetreibende und Land- und Forstwirte bleiben von der Begünstigung ausgeschlossen, was verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsfragen aufwerfen könnte.
Zuschläge für Mehrarbeit sollen bis zu 25 Prozent des Grundlohns steuerfrei gestellt werden. Diese Regelung gilt nur für Stunden oberhalb der vereinbarten Normalarbeitszeit und enthält verschiedene Missbrauchsklauseln. Teilzeitbeschäftigte mit weniger als zwölf Monaten Betriebszugehörigkeit sowie Arbeitnehmer mit kürzlich reduzierter Arbeitszeit bleiben ausgeschlossen, es sei denn, entsprechende Vereinbarungen datieren vor dem 1. Juli 2025.
Arbeitgeber können Teilzeitbeschäftigten für Stundenerhöhungen einmalige Prämien bis 4.500 Euro steuerfrei gewähren. Die Berechnung erfolgt mit 225 Euro je zusätzlicher Wochenstunde bei mindestens 24-monatiger Bindung. Auch hier greifen Missbrauchsschutzregeln: Kürzlich reduzierte Arbeitszeiten oder befristete Teilzeitverträge unter 24 Monaten schließen die Begünstigung aus.
Die Bundesregierung versucht durch detaillierte Ausschlussklauseln Mitnahmeeffekte zu verhindern. Diese Regelungstiefe trägt jedoch zur weiteren Verkomplizierung des Steuerrechts bei und dürfte erheblichen Verwaltungsaufwand sowohl für Unternehmen als auch Finanzverwaltung generieren. Für Professional Services entstehen neue Beratungsfelder bei der praktischen Umsetzung dieser arbeitsmarktpolitischen Steuerinstrumente.