OLG Frankfurt verschärft Organisationspflichten bei Personalengpässen

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September 29, 2025
29.09.2025
2 Minuten Lesezeit

Kanzleien müssen bei drohender Mitarbeiterüberlastung aktiv gegensteuern, entschied das Oberlandesgericht.

Organisationsverschulden bei Fristversäumnis

Das OLG Frankfurt stellte in einem aktuellen Beschluss vom 1. September 2025 klar, dass Rechtsanwälte bei Personalknappheit erhöhte Sorgfaltspflichten treffen. Eine Anwältin hatte die Berufungsbegründungsfrist versäumt, nachdem ihre einzige verbliebene Mitarbeiterin den Termin fehlerhaft im Fristenkalender eingetragen hatte. Der 3. Zivilsenat wies den Wiedereinsetzungsantrag zurück und verwarf die Berufung als unzulässig. Die personelle Ausdünnung der Kanzlei rechtfertige das Versäumnis nicht, da organisatorische Mängel der Fristenkontrolle zugrunde lägen.

Erhöhte Kontrollpflichten bei Personalreduzierung

Das Gericht betonte, dass Störungen im Kanzleibetrieb verschärfte Überwachungspflichten auslösen. Rechtsanwälte müssen sicherstellen, dass delegierte Aufgaben trotz reduzierter Belegschaft zuverlässig erfüllt werden. Dies gelte insbesondere bei krankheits- oder kündigungsbedingten Personalausfällen. Konkret bedeutet dies: Droht Überlastung des verbliebenen Personals, müssen Anwälte entweder verstärkte Kontrollen implementieren oder ursprünglich delegierte Tätigkeiten wie Fristenkontrolle wieder selbst übernehmen.

Praktische Konsequenzen für Kanzleiorganisation

Das Urteil verpflichtet Kanzleien zu proaktivem Risikomanagement bei Personalengpässen. Mögliche Maßnahmen umfassen verstärkte Qualitätskontrollen, temporäre Rückholung delegierter Aufgaben oder externe Unterstützung durch Freelancer. Die Entscheidung liegt im Ermessen der Kanzleiinhaber - entscheidend ist jedoch die nachweisbare Umsetzung geeigneter Vorkehrungen.

Bedeutung für Professional Services

Auch Steuerberater und Wirtschaftsprüfer sollten ihre Organisationsstrukturen überprüfen. Ähnliche Haftungsrisiken bestehen bei fehlerhafter Fristenbeachtung oder mangelhafter Mandatsbetreuung aufgrund von Personalknappheit. Empfehlenswert sind dokumentierte Notfallpläne für Personalausfälle und regelmäßige Überprüfung der Arbeitsbelastung. Präventive Maßnahmen schützen sowohl vor Haftungsansprüchen als auch vor Qualitätseinbußen bei der Mandantenbetreuung.