Europäische Arbeitnehmer schätzen Heimarbeitsmöglichkeiten, lehnen aber mehrheitlich finanzielle Einbußen dafür ab. Die Zentralbank sieht dennoch strategische Vorteile für Unternehmen bei der Talentbindung.
Eine aktuelle Verbraucherumfrage der Europäischen Zentralbank offenbart die Prioritäten von Beschäftigten in der Eurozone. 70 Prozent der Befragten würden keine Gehaltsreduzierung für hybride Arbeitsmodelle akzeptieren. Lediglich 13 Prozent zeigten sich bereit, ein bis fünf Prozent ihrer Bezüge zu opfern, während acht Prozent sogar Kürzungen von sechs bis zehn Prozent tolerieren würden.
Die im Mai durchgeführte Consumer Expectations Survey untersuchte die Bereitschaft, finanzielle Nachteile für zwei bis drei Heimarbeitstage wöchentlich hinzunehmen. Dabei sollten Teilnehmer hypothetisch annehmen, ihr Arbeitgeber gestatte normalerweise kein Homeoffice.
Die Erhebung dokumentiert unterschiedliche Arbeitsformen: 55,7 Prozent arbeiten ausschließlich vor Ort, 11,9 Prozent nutzen etwa einen Heimarbeitstag wöchentlich. Hybride Modelle mit zwei bis vier Tagen praktizieren 21,9 Prozent, während 10,6 Prozent mindestens fünf Tage remote tätig sind.
Die EZB-Autoren identifizieren strukturelle Nachteile des Homeoffice: soziale Isolation, reduzierte Kollegenkommunikation und Sichtbarkeitsprobleme am Arbeitsplatz. Diese Faktoren könnten die zurückhaltende Gehaltsopferbereitschaft erklären.
Trotz allgemeiner Vorbehalte profitieren spezielle Arbeitnehmergruppen erheblich von flexiblen Arrangements. Besonders Beschäftigte mit Kindern oder langen Pendelzeiten schätzen die verbesserte Work-Life-Balance durch Heimarbeitsmöglichkeiten.
Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzleien können Telearbeit strategisch zur Mitarbeiterbindung einsetzen, ohne zusätzliche Gehaltskosten zu generieren. In angespannten Fachkräftemärkten entwickelt sich Arbeitsplatzflexibilität zum wichtigen Differenzierungsmerkmal bei der Talentakquisition.
Die Studie unterstreicht den Wandel von Homeoffice als Gehaltsersatz zu einem eigenständigen Benefit mit strategischem Rekrutierungswert.