Steuererleichterungen bei Scheidung: Ein kritischer Blick auf die aktuelle Rechtslage
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Die finanzielle Last einer Ehescheidung ist erheblich – von Anwaltskosten über Gerichtsgebühren bis hin zu notariellen Ausgaben. Angesichts dieser Belastungen stellt sich vielen Betroffenen die Frage, ob diese Kosten steuerlich geltend gemacht werden können. Dieser Beitrag beleuchtet die gegenwärtige Rechtslage in Deutschland und diskutiert die Möglichkeiten und Grenzen des steuerlichen Abzugs von Scheidungskosten.
Steuerliche Absetzbarkeit von Scheidungskosten: Ein Überblick
Bis Ende 2012 waren Zivilprozesskosten, unter denen auch Scheidungskosten fallen, grundsätzlich als außergewöhnliche Belastungen steuerlich absetzbar. Verschiedene Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) unterstützten diese Praxis. Jedoch änderte sich die Situation grundlegend mit einer Gesetzesänderung zum 1. Januar 2013. Seither sind Scheidungskosten von der Absetzbarkeit explizit ausgeschlossen, mit einer wesentlichen Ausnahme: Wenn der Rechtsstreit für die Existenzsicherung des Steuerpflichtigen unausweichlich ist.
Die rechtliche Entwicklung und aktuelle Rechtsprechung
Der BFH hat mit Urteil vom 16. August 2017 (Aktenzeichen VI R 9/16) klargestellt, dass Scheidungskosten nicht mehr als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sind, es sei denn, die Kosten sind essenziell für die Existenzsicherung des Betroffenen. Diese Einschränkung betrifft jedoch in der Regel nicht die typischen Scheidungskosten, was die Absetzbarkeit nahezu ausschließt.
Kontroversen und gerichtliche Entscheidungen
Trotz der eindeutigen Gesetzeslage finden sich in der Rechtsprechung vereinzelt Urteile, die eine differenzierte Betrachtung zulassen. Beispielsweise hat das Finanzgericht Rheinland-Pfalz am 16. Oktober 2014 (Aktenzeichen 4 K 1976/14) entschieden, dass zumindest die unvermeidbaren Kosten einer Scheidung, wie die für das Scheidungsverfahren selbst und den Versorgungsausgleich, steuerlich absetzbar sein könnten. Ebenso hat das Finanzgericht Köln am 13. Januar 2016 (Az. 14 K 1861/15) eine mögliche Tür für die Absetzbarkeit aufgezeigt, indem es auf die veränderte Terminologie im Familienrecht hinwies.
Handlungsempfehlungen für Betroffene
Angesichts dieser Rechtsunsicherheit ist es ratsam, Scheidungskosten in der Steuererklärung anzugeben und gegen eventuelle Ablehnungen durch das Finanzamt Einspruch einzulegen, unter Verweis auf die anhängigen Verfahren vor dem BFH. Dies bietet zumindest die Chance, von einer eventuell positiven zukünftigen Rechtsentwicklung zu profitieren.
Fazit: Ein komplexes Feld mit unsicherem Ausgang
Die Frage der steuerlichen Absetzbarkeit von Scheidungskosten bleibt ein umstrittenes Thema. Während die Gesetzesänderung von 2013 eine klare Richtung vorgab, lassen jüngere Gerichtsentscheidungen Raum für Interpretationen und Hoffnung für die Steuerpflichtigen. Dennoch ist die endgültige Klärung dieser Frage offen und wird von den zukünftigen Urteilen des BFH abhängen. Betroffene sollten daher ihre Rechte kennen und gegebenenfalls rechtlichen Rat einholen, um ihre finanzielle Belastung in diesem ohnehin schwierigen Lebensabschnitt zu minimieren.