Neue Wege in der Wirtschaftsprüfung: KI revolutioniert die Big Four und Next Six

Die Einführung von ChatGPT hat Künstliche Intelligenz (KI) weltweit ins Rampenlicht gerückt, doch in der Wirtschaftsprüfung ist KI längst kein Neuling mehr. Die Big Four – PwC, EY, KPMG und Deloitte – sowie die Next Six treiben seit Jahren die Digitalisierung ihrer Abschlussprüfungen durch KI-gestützte Lösungen voran. Mit Investitionen in Milliardenhöhe setzen sie auf Effizienzgewinne und Qualitätssteigerungen, um den Herausforderungen der Branche zu begegnen.
Massive Investitionen in die Zukunft
Die Big Four investieren gezielt in die Weiterentwicklung von KI-Technologien. PwC beispielsweise plant allein in den USA, 1 Milliarde US-Dollar in generative KI zu stecken, während die deutsche Niederlassung 150 Millionen Euro für entsprechende Projekte bereitstellt. Deloitte, KPMG und EY ziehen mit ähnlich hohen Summen nach. Hinzu kommen strategische Partnerschaften mit Technologieführern wie OpenAI, Microsoft, Google und Aleph Alpha, die den Zugang zu Spitzeninnovationen sichern.
Auch die Next Six, darunter BDO und RSM Ebner Stolz, investieren in KI, um die Effizienz und Präzision ihrer Abschlussprüfungen zu erhöhen. Netzwerke und Kooperationen ermöglichen es diesen Unternehmen, trotzgeringerer Budgets wettbewerbsfähig zu bleiben.
KI als Assistent, nicht als Ersatz
Die Prüfungsplattformen der Big Four nutzen KI bereits in vielfältigen Bereichen: von der Analyse großer Datenmengen bis hin zur Automatisierung von Routineaufgaben. KPMG setzt beispielsweise ein Tool ein, das eingescannte Rechnungen automatisch verarbeitet, während PwC mit „ChatPwC“ Leasingverträge effizient analysiert. Diese Technologien sparen nicht nur Zeit, sondern ermöglichen eine risikoorientierte Prüfung, indem sie auffällige Transaktionen oder Abweichungen schneller identifizieren.
„Die KI hilft uns, effizienter zu arbeiten und zugleich die Qualität unserer Prüfungen zu steigern“, sagt Andrea Bruckner, Co-CEO von BDO. Dabei bleibt die menschliche Expertise unverzichtbar: KI liefert Werkzeuge, die Abschlussprüfern mehr Zeit für strategische Aufgaben geben, ohne sie zu ersetzen.
Fachkräftemangel und regulatorische Anforderungen als Treiber
Angesichts des Fachkräftemangels und zunehmender regulatorischer Anforderungen – etwa durch die Nachhaltigkeitsberichterstattung– setzt die Branche verstärkt auf KI. „Unser Berufsstand hat zu wenige Wirtschaftsprüfer, um die regulatorischen Anforderungen vollständig zu erfüllen“, so Rüdiger Loitz, COO Assurance bei PwC Deutschland. KI entlastet die Prüfer, indem sie zeitintensive Aufgaben automatisiert und Kapazitäten für komplexere Tätigkeiten schafft.
Investitionen in Menschen und Technologien
Neben der Technik investieren die Unternehmen stark in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter. „Es ist essenziell, dass Prüfer die Methodenkompetenz erwerben, um die Ergebnisse von KI richtig einzuordnen“, betont Bruckner. Weiterbildungsprogramme sollen sicherstellen, dass Mitarbeiter das Potenzial von KI voll ausschöpfen können.
Kooperation als Schlüssel für kleinere Anbieter
Während die Big Four mit ihren Ressourcen die Entwicklung vorantreiben, suchen kleinere Anbieter wie BDO und RSM Ebner Stolz nach Kooperationsmodellen. BDO bietet beispielsweise ein Alliance-Programm, durch das kleinere Gesellschaften Zugang zu KI-Tools und Know-how erhalten. Diese strategische Zusammenarbeit soll die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Branchestärken.
Ausblick: KI als Wegbereiter, nicht als Ersatz
Die Wirtschaftsprüfungsbranche sieht in KI eine transformative Kraft, die den Arbeitsalltag nachhaltig verändert. Eine vollständige Automatisierung der Abschlussprüfung ist jedoch weder rechtlich erlaubt noch technisch möglich. Die KI bleibt vorerst ein unterstützender Assistent – ein unverzichtbarer Partner, um den wachsenden Anforderungen der Branche gerecht zu werden und die Qualität weiter zu optimieren.