EuGH bestätigt Fremdbesitzverbot für Kanzleien: Ein Markt bleibt verschlossen

23.12.2024
23.12.2024
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Finanzinvestoren bleibt der Einstieg in Anwaltskanzleien weiterhin verwehrt. Der EuGH rechtfertigt die Regelung mit der Sicherung anwaltlicher Unabhängigkeit.

EuGH stärkt nationales Verbot

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass das deutsche Fremdbesitzverbot für Rechtsanwaltsgesellschaften rechtmäßig ist (Az.C-295/23). Demnach dürfen Mitgliedstaaten Finanzinvestoren den Einstieg in Anwaltskanzleien verwehren, um die Unabhängigkeit und Standespflichten der Anwälte zu gewährleisten. Die Richter in Luxemburg betonten, dass eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit und des Kapitalverkehrs durch dieses Ziel gerechtfertigt sei.

Kritik an mangelnder Innovation

Daniel Halmer, Kläger und Gründer des Legal Tech Conny, zeigte sich enttäuscht über das Urteil. „In Luxemburg wurde eine Chance vertan, die dringend notwendigen Innovationen und Investitionen im Rechtswesen zu ermöglichen.“, so Halmer. Der EuGH habe die vorgebrachten Positionen beider Parteien nur unzureichend analysiert und gewähre den Mitgliedstaaten einen übermäßig weiten Handlungsspielraum bei der Ausgestaltung der Regulierung. Auch Befürworter einer Öffnung für Investoren argumentieren, dass Kanzleien in kapitalintensiven Rechtsmärkten, insbesondere im Verbraucherschutz, kaum wettbewerbsfähig gegenüber Legal Techs seien. Start-ups wie Flightright oder Helpcheck treiben Forderungen im Massenmarkt voran, während klassische Kanzleien aufgrund finanzieller Beschränkungen zurückbleiben.

Fremdbesitzverbot auf dem Prüfstand?

Die Entscheidung aus Luxemburg könnte jedoch nicht das letzte Wort sein. Der Bayerische Anwaltsgerichtshof (BayAGH) hatte zuvor Zweifel an der Notwendigkeit des Verbots geäußert, insbesondere wenn die Satzung einer Kanzlei die anwaltliche Unabhängigkeit ausreichend schütze. Halmer kündigte an, eine Verfassungsbeschwerde zu prüfen. „Mögliche Verstöße gegen deutsches Verfassungsrecht, die wir vor dem BayAGH vorgebracht hatten, waren nicht Gegenstand des EuGH-Verfahrens und sind gegebenenfalls nunmehr von den deutschen Gerichten beziehungsweise vom Bundesverfassungsgericht zu prüfen.“, erklärte er.

Reformbedarf und politische Blockade

Die Ampelregierung hatte im Koalitionsvertrag eine Überprüfung des Fremdbesitzverbots angekündigt, blieb jedoch untätig. Der ehemalige Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) brachte keinen Reformvorschlag ein, was von vielen Akteuren als verpasste Gelegenheit bewertet wurde.

Professor Volker Römermann von der Berliner Humboldt-Universität betonte die Vorteile einer Öffnung: „Eine bessere Kapitalausstattung von Kanzleien eröffnet Möglichkeiten, mehr in Akquise zu investieren, Prozesse zu professionalisieren und die Qualität der Rechtsberatung zu steigern.“

Ein Markt im Wandel

Das Urteil stärkt den Status quo im deutschen Rechtsmarkt, doch der Druck von Legal Techs und Verbrauchermärkten wächst. Während Kanzleien weiterhin ohne Finanzinvestoren auskommen müssen, bleibt abzuwarten, ob eine Verfassungsbeschwerde oder politische Reform den Markt langfristig doch noch öffnen wird.

 

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