Erste volldigitalisierte Juraklausur: Meilenstein in der juristischen Ausbildung

An der Universität Bielefeld wurde Deutschlands erste vollständig digitalisierte Juraklausur geschrieben – mit Online-Gesetzen und KI-gestützter Korrektur.
Digitalisierung in der juristischen Ausbildung
Die Universität Bielefeld hat mit der ersten volldigitalisierten Juraklausur ein neues Kapitel in der juristischen Ausbildung aufgeschlagen. Im Rahmen eines Pilotprojekts unter der Leitung von Prof. Dr. Marie Herberger konnten Studierende eine Probeklausur zum Zwangsvollstreckungsrecht schreiben, bei der nicht nur digitale Gesetzbücher genutzt, sondern auch Künstliche Intelligenz (KI) zur Korrektur herangezogen wurde.
Der Unterschied zu bisherigen E-Examina: Neben dem Verfassen der Falllösung am PC konnten die Prüflinge auf ein speziell entwickeltes Online-Gesetzbuch zugreifen, das ihnen zahlreiche praktische Funktionen bot.
Online-Gesetze revolutionieren den Klausuralltag
Die digitalen Gesetzestexte, bereitgestellt durch die Software "LexMea", ermöglichten den Studierenden eine intuitive Nutzung. Sie konnten Normen markieren, Verweise anklicken und persönliche Notizen hinterlegen. Dieses innovative Tool ersetzt nicht nur die schweren, unhandlichen Gesetzessammlungen, sondern bietet auch automatische Aktualisierungen bei Gesetzesänderungen – ein erheblicher Vorteil im Vergleich zu gedruckten Versionen.
Eine Evaluation nach der Klausur zeigte, dass 81,2 % der Teilnehmenden die Nutzung der digitalen Gesetzbücher als deutliche Erleichterung empfanden. Besonders die Möglichkeit, eigene Annotationen zu übernehmen und relevante Passagen schnell zu finden, wurde positivhervorgehoben.
KI-gestützte Korrektur: Ein erster Schritt in die Zukunft
Ein weiterer Meilenstein des Pilotprojekts war der Einsatz von zwei KI-Systemen – "DeepWrite" und "KlausurenKIste"– zur Korrektur der Klausuren. Neben der traditionellen Bewertung durch menschliche KorrektorInnen wurden die Arbeiten von den beiden KI-Programmen analysiert. Die Studierenden erhielten alle drei Korrekturen zur Einsicht, während das Team von Prof. Herberger die Ergebnisse miteinander verglich.
Das Ziel: Eine objektivere und ausführlichere Bewertung, die typische Kritikpunkte an der herkömmlichen Korrekturpraxis adressiert. Zwar steht die Entwicklung der KI-Tools noch am Anfang, doch könnten sie in Zukunft menschliche Korrekturen unterstützen, etwa durch detailliertes Feedback oder den Abgleich alternativer Lösungsansätze.
Ein Vorbild für zukünftige Prüfungsformate
Initiatorin Herberger sieht in der Probeklausur einen „Meilenstein in der digitalen Transformation der juristischen Ausbildung in Deutschland“. Durch die innovative Nutzung digitaler Tools könnten zukünftige Examensprüfungen nicht nur moderner, sondern auch praxisnäher gestaltet werden.
Nach dem erfolgreichen Start in Bielefeld sind bereits weitere Probeklausuren an anderen Universitäten, wie Trier, sowie für ReferendarInnen geplant. Die Erkenntnisse aus diesen Projekten sollen dazu beitragen, neue Standards für digitale Prüfungen zu definieren und die Bedürfnisse von Studierenden und Prüfungsämtern besser zu berücksichtigen.
Fazit
Die volldigitalisierte Juraklausur in Bielefeld zeigt, wie digitale Lösungen den juristischen Prüfungsalltag grundlegend verändern können. Mit digitalen Gesetzbüchern und KI-gestützter Korrektur setzt das Pilotprojekt neue Maßstäbe und ebnet den Weg für die Zukunft juristischer Examina.