Richterliche Fortbildung: Dienstreise oder Privatvergnügen?

06.04.2025
06.04.2025
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Die komplexe rechtliche Einordnung von Fortbildungsveranstaltungen für Richter stellt Justizpraktiker vor Abgrenzungsfragen mit erheblichen finanziellen Auswirkungen.

Fortbildung zwischen dienstlicher Pflicht und Eigeninitiative

Der rechtliche Status von Fortbildungen in der Richterschaft bewegt sich in einem Spannungsfeld zwischen dienstlicher Verpflichtung und individueller Weiterbildung. Maßgeblich für die Beurteilung sind vor allem zwei Fragenkomplexe: Handelt es sich bei der Fortbildungsteilnahme um eine erstattungsfähige Dienstreise und wird dadurch der richterliche Vertretungsfall ausgelöst?

Das BVerwG hat in seiner Grundsatzentscheidung (Az. 5 A1.12, 2012) die Kriterien definiert: Eine Fortbildung kann als Dienstreise qualifiziert werden, wenn "Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt wurden, die bei der Erledigung der Aufgaben des Dienstpostens zugutekommen." Es etabliert damit einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Fortbildungsinhalt und konkreter Amtstätigkeit als entscheidendes Kriterium.

Restriktive Auslegung der Dienstreisefähigkeit

Die jüngere Rechtsprechung des BVerwG (Az. 2 C 13.20, 2021) verdeutlicht ein Regel-Ausnahme-Verhältnis zuungunsten von Fortbildungen. Grundsätzlich werden Fort- und Weiterbildungen nicht als "Dienstgeschäfte im Sinne des Reisekostenrechts" eingestuft. Selbst Fahrten zur Deutschen Richterakademie, bei denen "Fachwissen sowie berufliche Kenntnisse und Erfahrungen ergänzt und vertieft werden", gelten für Richter nicht als Dienstreisen.

Diese restriktive Interpretation steht in einem gewissen Spannungsverhältnis zu gesetzlich verankerten Fortbildungspflichten, wie sie etwa in § 37 JGG normiert sind. Folglich bleibt die Anerkennung als Dienstreise eher die Ausnahme, die primär bei praxisnahen Fachtagungen oder bei gesetzlich verpflichtenden Fortbildungen in Betracht kommt.

Die Kostenfolgen dieser Einordnung sind erheblich: Während bei einer Dienstreise ein gebundener Rechtsanspruch auf Auslagenerstattung besteht, existiert bei einer Fortbildungsreise lediglich ein Anspruch auf ermessensgerechte Entscheidung über eine mögliche Kostenbeteiligung (VGGöttingen, Az. 3 A 495/07).

Referententätigkeit als klarer Dienstbezug

Eine bedeutende Ausnahme bildet die Referententätigkeit bei Fortbildungsveranstaltungen. Das BVerwG hat bereits 1979 (Az. 6 C 23.78) klargestellt: "Die Teilnahme von Bediensteten, die als Vortragende oder als Aufsichtskraft an einer Fortbildungsveranstaltung mitwirken, [gehört] zu deren Dienstgeschäften." Wer als Referent oder Tagungsleiter fungiert, kann somit unproblematisch eine Dienstreise geltend machen.

Vertretungsfall bei Fortbildungen unabhängig vom Dienstreisestatus

Für die Praxis besonders relevant: Die Teilnahme an einer Fortbildung löst den richterlichen Vertretungsfall aus – unabhängig vom Dienstreisestatus. Der BGH hat 2021 (Az. 3 StR 485/20) festgestellt, dass das Gebot des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG) keinen "absoluten Vorrang des regulär zuständigen Richters" begründet. Auch ein Vertreter sei "gesetzlicher Richter – und zwar der im Vertretungsfall zur Mitwirkung berufene."

Das höchste deutsche Strafgericht stellt dabei Fortbildungen explizit auf eine Stufe mit anderen Abwesenheitsgründen wie Urlaub oder Krankheit, ohne zusätzliche Einschränkungen oder einen Dienstreisevorbehalt zu formulieren.

Für eine funktionierende Rechtspflege ist die kontinuierliche Fortbildung der Richterschaft essenziell. Statt verstärkten gesetzlichen Zwangs wären jedoch attraktivere Fortbildungsangebote und- bedingungen der effektivere Weg, die richterliche Qualifikation zu fördern.

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