Strategische Kooperation: Chinesischer E-Mobility-Riese BYD nutzt Abo-Modell für Markterschließung

09.06.2025
09.06.2025
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BYD setzt auf innovative Vertriebspartnerschaft mit Finn, um strukturelle Defizite im deutschen Händlernetz zu kompensieren und Privatkundensegment zu erschließen.

Marktpositionierung durch alternative Vertriebskanäle

Der chinesische Elektrofahrzeughersteller BYD implementiert eine strategische Partnerschaft mit dem Münchener Auto-Abo-Anbieter Finn. Die Kooperation umfasst bis zu 5.000 Fahrzeuge über zehn Monate, wobei Kunden ab Juli E-Fahrzeuge zu monatlichen Raten ab 259 Euro nutzen können. Diese Distributionsstrategie adressiert fundamentale Marktherausforderungen: Trotz eines vierfachen Zulassungsanstiegs auf 2.800 Einheiten in den ersten vier Monaten 2025 bleibt BYDs Marktdurchdringung begrenzt. Besonders kritisch zeigt sich das Privatkundensegment mit lediglich 331 Auslieferungen laut Dataforce – nur elf Prozent der Gesamtzulassungen.

Strukturelle Vertriebsdefizite als strategische Herausforderung

Patrick Schulz, Vertriebschef von BYD Deutschland, identifiziert das unzureichende Händlernetz als Hauptursache der limitierten Marktpräsenz. Mit aktuell 27 Standorten plant das Unternehmen eine Expansion auf 120 deutsche Vertriebspartner bis Jahresende. Ein ehemaliger BYD-Manager bestätigt strukturelle Probleme: „BYD versucht sich in Deutschland als Premiummarke zu etablieren, nur leider funktioniert das nicht. Dafür ist die Marke zu unbekannt." Die Finn-Partnerschaft fungiert als Überbrückungsstrategie während des Händlernetzausbaus. Schulz positioniert Finn als „Key-Account-Partner, der uns hilft, BYD-Fahrzeuge niedrigschwellig an Privatkunden zu bringen" und ermöglicht Interessenten das risikoarme Testen von Elektromobilität.

Operative Risiken und Chancenbewertung

Brancheninsider warnen vor operativen Risiken der Abo-Strategie. Ein ehemaliger BYD-Manager charakterisiert die Kooperation als „riskante Wette", da Rückläufer aus Abo-Geschäften typischerweise mit erheblichen Preisabschlägen vermarktet werden, was Neuwagenwerte belastet. Schulz kontert diese Bedenken mit strategischer Neuinterpretation: Gebrauchte Rückläufer schaffen direkten Zugang zum Gebrauchtwagenmarkt und bieten als Newcomer-Unternehmen unmittelbare Marktpräsenz. Diese Perspektive transformiert potentielle Verlustquellen zu Geschäftschancen.

Finn: Portfolioerweiterung und Wachstumsstrategie

Jürgen Lobach, Flottenmanager bei Finn, charakterisiert BYD-Fahrzeuge als „hochwertige, innovative und erschwingliche Fahrzeuge" zur Portfolioerweiterung. Neben dem Kompaktmodell Dolphin (Kaufpreis 20.000 Euro) plant Finn die Integration von vier zusätzlichen BYD-Modellen. Die vereinbarte Stückzahl etabliert BYD voraussichtlich als einen der größten Finn-Lieferanten und unterstützt die Nachhaltigkeitsziele des Abo-Anbieters: Bis 2028 soll der Elektroanteil der Flotte auf über 80 Prozent steigen, verglichen mit einem Drittel Anfang 2024.

Finanzierungsstrukturen und Marktpositionierung

Finns Expansionsstrategie basiert auf robusten Finanzierungsinstrumenten: Ein flexibler Asset-Backed-Securities-Kredit über eine Milliarde Euro ermöglicht systematischen Flottenausbau. Das 2019 gegründete Unternehmen rangiert laut Tech Tour unter den 50 wachstumsstärksten wagniskapitalfinanzierten Tech-Firmen Europas. Parallel zur BYD-Integration bereinigt Finn kontinuierlich sein Elektroportfolio. Tesla-Fahrzeuge wurden vor einem Jahr aufgrund von Kalkulationsdifferenzen beim Wertverlust über Abo-Laufzeiten aus dem Angebot entfernt, was strategische Fokussierung auf kompatiblere Herstellerpartnerschaften demonstriert.

Regulatorische Rahmenbedingungen und Marktausblick

Zukünftige Förderungsanpassungen für Elektromobilität könnten operative Auswirkungen haben. Ein Finn-Sprecher bewertet potentielle Preisgrenzanhebungen für steuerlich begünstigte Dienstwagen als relevant für Flottenkunden, während Sonderabschreibungsregelungen voraussichtlich keine direkten Vorteile bieten. Die strategische Allianz zwischen BYD und Finn illustriert innovative Ansätze zur Marktpenetration in gesättigten Automobilmärkten, wobei alternative Vertriebsmodelle traditionelle Händlerstrukturen ergänzen und neue Kundenzugangswege erschließen.