Überregulierung gefährdet Deutschlands Attraktivität als Steuerstandort

21.11.2024
21.11.2024
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Die wachsende Komplexität des deutschen Steuersystems belastet Unternehmen und bedroht die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts. Schärfere Regelungen und zusätzliche Pflichten führen zu unverhältnismäßigem Aufwand, ohne dass ein signifikanter fiskalischer Nutzen erkennbar ist.

Belastung durch überbordende Regelungen

Der deutsche Perfektionsanspruch und die Bemühungen, jede potenzielle Steuerlücke zu schließen, haben Unternehmen eine Vielzahl zusätzlicher Vorschriften auferlegt. Aufgrund dieser Regelungen, wie der Meldepflichten für grenzüberschreitende steuerliche Gestaltungen, der globalen Mindeststeuer und dem Steueroasen-Abwehrgesetz, müssen Unternehmen internationale Geschäftsvorgänge detailliert nach deutschen Standards erfassen und melden.

Diese Anforderungen erfordern hochspezialisiertes Personal, aufwändige Prozesse und erhebliche Investitionen in IT-Systeme – ohne dass ein merklicher Anstieg des Steueraufkommens sichtbar wird. Deutsche Unternehmen sind dabei weit stärker betroffen als Unternehmen in anderen Ländern, da die Regelungen hier besonders streng umgesetzt werden.

Schärfer als internationale Vorgaben

Die zusätzlichen Vorschriften gehen größtenteils auf die Beps-Initiative (Base Erosion and Profit Shifting) von 2015 zurück. Ziel war es, die Gewinnverlagerung international tätiger Unternehmen in Niedrigsteuerländer zu verhindern. Doch Deutschland hatte bereits zuvor strenge Regelungen, wie das Außensteuergesetz oder umfassende Verrechnungspreisvorschriften. Die Verschärfungen durch neue Maßnahmen wie die Mindeststeuer oder das Steueroasen-Abwehrgesetz führen nun zu Überschneidungen und doppeltem Aufwand. So greifen beispielsweise mehrere Regelungen – wie die Hinzurechnungsbesteuerung, die Mindeststeuer und das Steueroasen-Abwehrgesetz – auf ähnliche Daten und zielen auf die gleichen Auslandsgewinne. Die Verrechnungspreisregelungen werden zusätzlich durch eine verschärfte Zinsschranke und neue Vorschriften für grenzüberschreitende Finanzierungen ergänzt.

Standortnachteile durch unverhältnismäßige Belastung

Während andere Länder ihre Spielräume bei der Umsetzung von EU-Vorgaben nutzen, hat Deutschland diese weitgehend in die schärfsten möglichen Regelungen übersetzt. Das Ergebnis: eine erhebliche Belastung für den Steuerstandort. Die zusätzliche Bürokratie und die hohen Kosten für Compliance lassen Deutschland zunehmend unattraktiv erscheinen.

Unternehmen, die die Wahl haben, entscheiden sich immer häufiger gegen eine Ansiedlung oder den Ausbau ihrer Präsenz in Deutschland. Die Folge ist, dass potenzielle Steuereinnahmen ins Ausland abwandern – ein Szenario, das die Schärfe der deutschen Regelungen ad absurdum führt.

Appell an den Gesetzgeber

Ein verantwortungsvoller Gesetzgeber muss bei der Gestaltung von Steuervorschriften auch die Verhältnismäßigkeit wahren. Es ist wichtig, dass der Standort Deutschland nicht durch übermäßige Regulierungen und administrative Hürden geschwächt wird.

Die aktuelle Entwicklung zeigt, dass selbst die besten Absichten – wie die Schließung von Steuerlücken – zu erheblichen Nachteilen führen können, wenn sie ohne Rücksicht auf den Standort umgesetzt werden. Anstatt sich mit den schärfsten Regeln zu rühmen, sollte Deutschland darauf achten, ein ausgewogenes und wettbewerbsfähiges Steuerumfeld zu schaffen. Andernfalls könnten die Unternehmen durch ihre Standortentscheidungen letztlich dafür sorgen, dass die fiskalischen Ziele verfehlt werden.

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