BMJV stärkt Schutz vor Einschüchterungsklagen: Neue Waffen gegen SLAPP-Verfahren

30.06.2025
30.06.2025
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Das Bundesjustizministerium setzt EU-Richtlinie um und gibt Gerichten bessere Instrumente gegen missbräuchliche Klagen in die Hand.

Journalisten und NGOs bekommen mehr Rechtsschutz

Wer kritisch berichtet oder unbequeme Meinungen äußert, soll künftig besser vor strategischen Klagen geschützt werden. Dr. Stefanie Hubigs Gesetzentwurf richtet sich gegen sogenannte SLAPP-Verfahren („Strategic Lawsuits Against Public Participation") – unbegründete Klagen, die kritische Stimmen zum Schweigen bringen sollen. Betroffen sind oft Journalisten, Wissenschaftler oder Nichtregierungsorganisationen, die mit kostspieligen Verfahren eingeschüchtert werden sollen. Das Problem: Selbst aussichtslose Klagen können durch hohe Anwaltskosten und lange Verfahrensdauer ihr Ziel erreichen. „Kritische Berichterstattung, wissenschaftliches und zivilgesellschaftliches Engagement sind für unsere Demokratie elementar. Wir dürfen nicht zulassen, dass solche Stimmen mit missbräuchlichen Klagen unterdrückt werden – nur weil sie einzelnen nicht passen", erklärt Bundesjustizministerin Hubig.

Deutschland weitet EU-Vorgaben auf nationale Fälle aus

Das BMJV übernimmt die Anti-SLAPP-Richtlinie der EU weitgehend unverändert, geht aber einen Schritt weiter: Während Brüssel nur grenzüberschreitende Sachverhalte erfasst, sollen die neuen Regeln in Deutschland auch für rein nationale Fälle gelten. Die Sonderregelungen greifen, wenn Kläger unbegründete Ansprüche verfolgen und hauptsächlich öffentliche Beteiligung verhindern wollen. Darunter fallen Demonstrationen, Zeitungsartikel, Social-Media-Posts oder wissenschaftliche Veröffentlichungen.

Fünf neue Instrumente für die Gerichte

Schnellere Verfahren: Gerichte müssen SLAPP-Verdachtsfälle vorrangig und beschleunigt bearbeiten, um missbräuchliche Klagen möglichst früh abzuweisen.

Vorauszahlungen: Beklagte können verlangen, dass Kläger die voraussichtlichen Prozesskosten – inklusive gegnerischer Anwaltsgebühren – im Voraus hinterlegen müssen.

Vollständige Kostenerstattung: Wer eine SLAPP-Klage abwehrt, bekommt nicht nur die gesetzlichen Mindestgebühren erstattet, sondern alle üblichen und angemessenen Anwaltskosten.

Strafgebühren: Gerichte können SLAPP-Klägern zusätzliche Gerichtsgebühren als Sanktion auferlegen – maximal in Höhe der normalen Verfahrensgebühr.

Öffentliche Urteile: Entscheidungen der höheren Instanzen müssen anonymisiert im Internet veröffentlicht werden, um Transparenz zu schaffen.

Stellungnahmen bis August möglich

Der Referentenentwurf geht jetzt in die Verbände-Anhörung. Bis zum 1. August 2025 können Länder, Verbände und andere Interessierte ihre Stellungnahmen einreichen. Diese werden anschließend auf der BMJV-Website veröffentlicht. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass solche Anti-SLAPP-Gesetze durchaus notwendig sein können. Deutschland könnte mit seinem umfassenden Ansatz zum Vorbild für andere EU-Staaten werden.