Zwischen Recht und Medizin: Warum Juristen zunehmend Fachwissen im Gesundheitswesen brauchen

Wie juristische Expertise im Medizinrecht mit persönlichem Einfühlungsvermögen kombiniert werden muss. Drei Berufsbilder und ihre Herausforderungen.
Einblicke ins Medizinrecht: Zwischen Recht und Empathie
Das Medizinrecht verbindet zahlreiche juristische Fachgebiete – von Zivilrecht und Sozialrecht bis hin zu Strafrecht. Gleichzeitig fordert es von Juristen nicht nur fundierte rechtliche Kenntnisse, sondern auch hohe kommunikative Fähigkeiten und ein tiefes Verständnis medizinischer Sachverhalte. Drei Fachleute geben Einblicke in die unterschiedlichen Facetten dieses anspruchsvollen Rechtsbereichs.
Jurist und Dozent: Recht im Medizinstudium
Dr. Felix Michl, Rechtsanwalt und Dozent an der Justus-Liebig-Universität Gießen, lehrt Medizinstudenten Grundlagen des Rechts, wie etwa Behandlungsverträge oder die Patientenverfügung. Sein Ziel: angehenden Ärzten Berührungsängste mit juristischen Themen zu nehmen. Seine Lehrtätigkeit ist praxisorientiert und soll den Studierenden ein Basiswissen vermitteln, das sie in ihrer zukünftigen Laufbahn unterstützt.
Bemerkenswert: Michl studiert parallel selbst Medizin. Seinen bisherigen Werdegang, einschließlich einer Professur in Heidelberg, sieht er als wertvolle Grundlage für seine Tätigkeit. Der Austausch mit Studierenden erweiterte auch seinen Horizont, sagt er.
Fachanwältin für Medizinrecht: Beratung an der Schnittstelle von Recht und Medizin
Daniela Etterer, Fachanwältin bei Tsambikakis & Partner, vereint juristische Präzision mit medizinischem Fachwissen. Sie vertritt vor allem Krankenhäuser, Ärzte und Medizinische Versorgungszentren, etwa bei strafrechtlichen Ermittlungen oder Approbationsfragen. Ihr Wissen im medizinischen Bereich hat sie mit einem Masterabschluss in Health and Medical Management vertieft – ein entscheidender Vorteil, um die „Sprache der Behandler“ zu sprechen und medizinische Unterlagen wie OP-Berichte richtig einzuordnen.
Der Fokus ihrer Arbeit liegt oft auf komplexen Haftungsfragen, wie Behandlungsfehlern oder unzureichender Aufklärung. Besonders in Fällen wie Geburtsschäden, die Schadensforderungen in Millionenhöhe nach sich ziehen können, ist eine strategisch durchdachte Verhandlungsführung essenziell.
Richterin im Sozialrecht: Entscheidungen mit Weitsicht und Fingerspitzengefühl
Dr. Anne Barbara Lungstras, Richterin am Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, befasst sich mit Streitigkeiten zwischen Versicherten und gesetzlichen Krankenkassen. Zu ihren Aufgaben gehören Entscheidungen über die Finanzierung medizinischer Hilfsmittel oder anspruchsvolle Themen wie Krankengeldansprüche. Ein Beispiel: Ein Abiturient, der für mehr Mobilität einen Laptop mit Spracherkennungsprogramm beantragte, setzte sich mit ihrer Hilfe gegen die Krankenkasse durch.
Die Richterin betont die Balance zwischen Empathie und Sachlichkeit. Besonders bei Fällen, die schwerbehinderte Kinder betreffen, können die Grenzen des rechtlich Möglichen schwierig zu vermitteln sein. Gleichzeitig bietet ihr Beruf auch sachlichere Aufgaben, etwa die Überprüfung von Betriebsprüfungen, was für Abwechslung sorgt.
Fazit: Vielseitigkeit und Herausforderungen im Medizinrecht
Das Medizinrecht verlangt von Juristen nicht nur juristisches Fachwissen, sondern auch ein tiefes Verständnis medizinischer Prozesse sowie soziale Kompetenz. Es ist ein Rechtsgebiet, das stetig im Wandel ist und immer neue Fragestellungen mit sich bringt – von der Pandemie bis hin zu den fortschreitenden Entwicklungen in der Medizintechnik. Wer sich auf dieses anspruchsvolle Gebiet einlässt, profitiert nicht nur von der Vielseitigkeit der Fälle, sondern trägt auch dazu bei, rechtliche und medizinische Perspektiven miteinander zu verbinden.