EYs Comeback: Neues Prüfmandat trotz Wirecard-Skandal

Trotz Wettbewerbsverbot sichert sich EY ein neues Mandat im Dax. Doch das Unternehmen bleibt im Ranking zurück – und der Markt für Prüfer gerät erneut in Bewegung.
Qiagen als Türöffner für EY
EY Deutschland hat erstmals seit dem Wirecard-Skandal ein neues Mandat als Bilanzprüfer eines börsennotierten Unternehmens gewonnen. Der Diagnostikspezialist Qiagen beauftragte die Gesellschaft ab 2025 – trotz des bis 2026 geltenden Wettbewerbsverbots. Grund für diese Ausnahme ist Qiagens rechtlicher Sitz in den Niederlanden, der die deutsche Aufsichtsregelung umgeht.
Für EY ist der Erfolg symbolisch, markiert er doch den ersten großen Auftrag nach einer Phase der Stagnation. Gleichzeitig bleibt die Gesellschaft im Handelsblatt-Prüferranking für den Dax weit abgeschlagen. Während Marktführer PwC und Verfolger Deloitte ihre Positionen stärken, fällt EY hinter frühere Marktanteile zurück.
Die Herausforderung: Vertrauen zurückgewinnen
Der Wirecard-Skandal und die damit verbundenen Vorwürfe gegen EY haben das Vertrauen in die Prüfungsgesellschaft stark beschädigt. Das von der deutschen Prüferaufsicht Apas verhängte Wettbewerbsverbot sowie verlorene Mandate – etwa bei Munich Re – verstärkten die Schwächephase. EY wird weiterhin kritisch beäugt, sowohl von Aufsichtsräten als auch Aktionären.
Um die Reputation zu verbessern, setzt EY auf eine gezielte Vorbereitung der kommenden Prüferrotationen. Branchenexperten betonen jedoch, dass der Gewinn eines renommierten Mandats entscheidend sein wird, um das Image nachhaltig zu erneuern.
Marktverschiebungen im Dax: Die „Big Four“ in Bewegung
Die EU-Vorgaben zur verpflichtenden Rotation der Abschlussprüfer sorgen erneut für Dynamik im Markt. Bis 2026 müssen zahlreiche Dax-Konzerne ihre Prüfmandate neu vergeben. PwC hält aktuell die Spitzenposition mit einem Marktanteil von 40 %, gefolgt von Deloitte mit 22,5%. EY und KPMG kämpfen um verlorenes Terrain, während mittelgroße Gesellschaften wie BDO oder Grant Thornton weiterhin kaum Fuß im Dax fassen.
- EYs Strategie: Das Qiagen-Mandat ist ein erster Schritt, weitere Großaufträge werden jedoch benötigt. Bayer könnte ein solches „Eisbrecher“-Mandat sein, wenn der Konzern 2026 seinen Abschlussprüfer wechselt.
- Deloittes Aufstieg: Deloitte hat seine Präsenz im Dax seit 2022 deutlich ausgebaut und bleibt ein starker Verfolger von PwC.
- KPMG unter Druck: Obwohl KPMG zuletzt Mandate bei Siemens Energy und Zalando gewann, fällt der Marktanteil im Dax auf 17,5 %.
Beratung als Wachstumsfeld
Während die klassische Wirtschaftsprüfung an Bedeutung verliert, setzen die „Big Four“ zunehmend auf Beratungsdienstleistungen. Mit einem Anteil von nur noch rund 30 % am Gesamtumsatz wird die Prüfung von Managementberatung, Steuerberatung und Unterstützung bei Transaktionen überholt. Dieser Trend zeigt, dass sich die großen Player zunehmend breiter aufstellen, um unabhängiger von Prüferrotationen zu agieren.
Ausblick: Der Kampf um die nächste Mandatsrunde
Die kommenden Jahre werden für die Prüfungsbranche entscheidend. Große Mandate wie Bayer, Allianz oder Hannover Rück bieten Chancen, die Marktanteile neu zu verteilen. EY und KPMG müssen verlorenes Vertrauen zurückgewinnen, während PwC und Deloitte ihre Spitzenpositionen verteidigen. Mittelgroße Anbieter könnten bei kleineren Dax-Unternehmen mit überschaubareren Prüfungsanforderungen punkten – ob sie langfristig zur Konkurrenz der „Big Four“ werden, bleibt abzuwarten.
Für EY gilt: Der Weg zurück an die Spitze wird steinig, doch der Qiagen-Erfolg könnte ein erster Schritt in Richtung Rehabilitierung sein.