Tax & Legal-Ranking: EY verteidigt Spitze trotz Umsatzrückgang

Verfolger KPMG und Deloitte wachsen deutlich stärker, können aber noch nicht an der Marktführerschaft rütteln.
Marktführer EY unter Druck
EY behauptet mit 822 Millionen Euro Umsatz die Spitzenposition im deutschen Tax & Legal-Markt, musste jedoch einen Rückgang von sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr (881 Millionen Euro) hinnehmen. Das Unternehmen trennte sich bewusst von "nicht profitablem und risikobehaftetem Geschäft", ohne Details zu den betroffenen Bereichen zu nennen. Trotz des Umsatzrückgangs bleibt EY unangefochtener Marktführer, fokussiert sich jedoch neu auf geopolitische Beratung, Cybersecurity und große Transformationsprojekte. Managed Services, bei denen EY komplette Steuerfunktionen für Mandanten übernimmt, stehen im strategischen Mittelpunkt.
KPMG distanziert sich von der Konkurrenz
KPMG nutzte die EY-Schwäche und wuchs um beeindruckende 11,7 Prozent auf 704 Millionen Euro Gesamtleistung. Damit setzt sich die Gesellschaft deutlich von PwC ab und festigt Platz zwei. Hauptwachstumstreiber waren die Digitalisierung von Steuerabteilungen mit KI-Lösungen, globale Compliance-Management-Systeme und Transaktionsberatung. Das neue Geschäftsjahr soll Business-Performance-Beratung als Antwort auf die steigende Restrukturierungsnachfrage etablieren. KPMG sieht sich besonders stark in Automotive, Industrial und Retail aufgestellt, ergänzt durch ausgeprägte Banken-Expertise.
PwC kämpft um Anschluss
PwC erzielte 615 Millionen Euro Gesamtleistung und wuchs um 7,1 Prozent, konnte jedoch den sich vergrößernden Abstand zu KPMG nicht schließen. Die Neustrukturierung zum Juli 2023 erschwert direkte Vergleiche, zeigt aber eine solide Entwicklung in spezialisierten Bereichen. Schwerpunkte liegen im öffentlichen Sektor, insbesondere Healthcare mit Digital Health-Lösungen und insolvenznaher Beratung. In der Privatwirtschaft fokussiert sich PwC auf den Energiesektor, energieintensive Industrien und die Automobilbranche.
Deloitte überrascht mit Spitzenwachstum
Trotz des vierten Platzes verzeichnete Deloitte mit 13,1 Prozent das stärkste Wachstum aller Big Four und erreichte 388 Millionen Euro Umsatz. Hauptgrund hierfür war die Umsetzung der globalen Mindestbesteuerung (Pillar 2), die positive Effekte in Technologie- und Prozessberatung, Verrechnungspreisen und allgemeiner Steuerberatung bewirkte. Ein weiterer Erfolgsfaktor war die Beratung zum Design weltweiter Steuerabteilungen und Steuererklärungsprozesse. Der Abstand zu den drei größeren Konkurrenten bleibt jedoch erheblich.
KI-Milliardeninvestitionen prägen Zukunft
Alle Big Four investieren massiv in Künstliche Intelligenz. EY entwickelte eine eigene Plattform mit nicht-öffentlichem Large Language Model und kooperiert mit Nvidia sowie Microsoft. KPMG stärkte Technologiepartnerschaften mit Microsoft, Service Now und SAP, erweiterte "Digital Gateway" für Steuerdigitalisierung und investiert global 4,2 Milliarden Dollar bis 2026. PwC integriert KI-Lösungen mit Microsoft, Aleph Alpha und OpenAI in bestehende Services. Deloitte plant bis 2030 über drei Milliarden Dollar GenAI-Investitionen und investierte allein in Deutschland zehn Millionen Euro für KI-Weiterbildung.
Strategische Personalwechsel verschieben Kräfteverhältnisse
Andreas Bong wechselte Anfang Juli mit einem zehnköpfigen Team von KPMG Law zu PwC Legal und schafft dort einen neuen Legal Operations-Praxisbereich. PwC gewann zusätzlich Sebastian Zeeck für die Restrukturierungspraxis. Deloitte übernahm die Restrukturierungsberatung Meritus und baut Turnaround & Restructuring mit zehn Beratern aus. Diese Bewegungen könnten künftige Rankings erheblich beeinflussen, besonders in den wachstumsstarken Bereichen Legal Operations und Restrukturierung.
Marktausblick: Restrukturierung verdrängt Transformation
Das laufende Geschäftsjahr wird von anhaltender wirtschaftlicher Unsicherheit geprägt. Klassische Business- oder Workplace-Transformation weicht Restrukturierung und Szenario-Planung. Infrastrukturinvestitionen der Bundesregierung und Defence-Aufträge bieten neue Wachstumschancen. Geopolitische Spannungen verstärken die Nachfrage nach Lieferkettensicherheit, was Indirect Tax und Zollrecht zugutekommt. Der Mandantenkreis umfasst deutschen Mittelstand, Familienunternehmen und internationale Firmen mit Deutschland-Bezug.