Strategische Positionierung im Rekrutierungsprozess: Die optimale Kommunikation paralleler Bewerbungsverfahren

20.03.2025
20.03.2025
5 Minuten
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Die souveräne Darstellung des eigenen Marktwertes durch transparente Kommunikation parallel laufender Bewerbungsverfahren kann die Verhandlungsposition stärken und das eigene Profil aufwerten – eine Frage der professionellen Selbstvermarktung.

Strategisches Potenzial einer Standardfrage

Die im Bewerbungsprozess häufig gestellte Frage nach parallelen Bewerbungsaktivitäten birgt erhebliches strategisches Potenzial, das viele Kandidaten nicht hinreichend nutzen. Zahlreiche Bewerber interpretieren diese Frage als Loyalitätstest und neigen zu defensiven oder ausweichenden Antworten. Diese Fehleinschätzung kann die Verhandlungsposition unnötig schwächen und kontraproduktiv wirken.

Bewerbungscoach Volker Klärchen analysiert die psychologische Ausgangslage: "Jeder Bewerber möchte der Firma im Gespräch vermitteln, dass er der Richtige für diese Position ist, womöglich sogar der einzig Richtige." Die Frage nach weiteren Bewerbungen erzeuge daher häufig ein Gefühl der Dissonanz – "Fast so, als hätte einen der eigene Partner beim Fremdgehen erwischt." Diese emotionale Reaktion verkennt jedoch die tatsächliche Intention der Fragestellung.

Risikomanagement aus Arbeitgeberperspektive

Aus Sicht der rekrutierenden Organisation steht primär ein pragmatisches Risikomanagement im Vordergrund. "Recruiting-Prozesse dauern gerne relativ lange. Um einschätzen zu können, wie aktiv jemand auf Jobsuche ist und wie groß die Gefahr, ob jemand in wenigen Wochen nicht mehr verfügbar sein könnte, fragen Arbeitgeber nach anderen Bewerbungen", erläutert Personalberaterin Ines Schöffmann.

Die Frage dient somit der Prozessoptimierung: "Die Verantwortlichen wollen natürlich vermeiden, dass Kandidatinnen und Kandidaten ihnen abspringen, weil der Prozess schon so lange dauert. Gleichzeitig möchte man das Ganze nicht übers Knie brechen und den Erstbesten nehmen."

Optimale Kommunikationsstrategie

Die evidenzbasierte Empfehlung beider Experten läuft auf eine überraschende Strategie hinaus: Die offensive, aber diplomatische Kommunikation paralleler Bewerbungsaktivitäten kann die eigene Verhandlungsposition stärken. "Ich empfehle sogar, immer zu sagen: Ja, ich bin in Gesprächen oder habe schon Gespräche geführt – auch wenn ich nur diese eine Bewerbung laufen habe", betont Schöffmann.

Dieses Vorgehen entspricht fundamentalen Prinzipien professioneller Selbstvermarktung: "Das ist genau das, was jeder gute Verkäufer tun würde, und als Bewerber verkauft man schließlich sich selbst." Der erzeugte Eindruck der Marktfähigkeit steigert den wahrgenommenen Wert des Kandidaten. "Es macht einen als Bewerber oder Bewerberin interessanter, wenn man sagt, man ist bereits in Gesprächen. Wenn das Unternehmen merkt, man ist für andere Firmen auch interessant, ist das ein Vorteil."

Konkrete Formulierungsansätze

Eine optimale Antwort sollte demnach Offenheit signalisieren, ohne in konkrete Details zu gehen. Klärchen schlägt folgende Formulierung vor: "Ja, ich habe mich natürlich auch noch bei anderen Unternehmen beworben. Aber die Position bei Ihnen finde ich aus Grund xy besonders spannend."

Alternativ empfiehlt Schöffmann eine Betonung des eigenen Qualitätsanspruches an die Entscheidungsfindung: Man könne kommunizieren, dass es einem wichtig sei, eine fundierte Entscheidung zu treffen. Diese Herangehensweise signalisiert sowohl professionelle Sorgfalt als auch Wertschätzung für das aktuelle Gespräch.

Authentizität als Grundprinzip

Trotz der strategischen Empfehlungen warnen beide Experten vor Übertreibungen oder Unwahrheiten. "Die meisten Menschen sind eher verunsichert, wenn sie lügen müssen. Das ist keine gute Voraussetzung in einem Vorstellungsgespräch und kostet zudem viel Energie", betont Schöffmann. Insbesondere bei Behauptungen über konkrete Angebote, die nicht der Realität entsprechen, bestehe die Gefahr der Inkonsistenz mit anderen Informationen aus dem Lebenslauf oder dem Gespräch.

Der optimale Ansatz besteht somit in der strategischen Präsentation der Wahrheit – eine Balance aus Transparenz und professionellem Selbstmarketing, die den eigenen Marktwert unterstreicht, ohne die Authentizität zu kompromittieren.

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