Vier-Tage-Woche: Produktivitätsgewinn oder Wunschdenken?

Eine Studie zeigt: Die Vier-Tage-Woche bei vollem Gehalt steigert Produktivität und Zufriedenheit – doch ist das Modell wirklich flächendeckend umsetzbar?
Pilotprojekt mit überraschenden Ergebnissen
Die Diskussion um die Einführung einer Vier-Tage-Woche bei vollem Gehalt gewinnt an Fahrt. Eine aktuelle Studie der Universität Münster, in Kooperation mit der Unternehmensberatung Intraprenör, zeigt positive Effekte dieses Arbeitszeitmodells auf Unternehmen und Mitarbeitende. In einem sechsmonatigen Pilotprojekt testeten über 40 deutsche Unternehmen die Vier-Tage-Woche – mit spannenden Ergebnissen: Eine leicht gestiegene Produktivität und eine signifikante Verbesserung der Zufriedenheit und Gesundheit der Mitarbeitenden sprechen für das Konzept.
Anpassungen im Arbeitsalltag
Die teilnehmenden Organisationen – darunter Steuerberatungen, Kindergärten und Architekturbüros – mussten ihre Arbeitsweise neu strukturieren, um die verkürzte Arbeitszeit effektiv zu nutzen. Interne Meetings wurden reduziert oder gestrafft, und Prozesse optimiert. Die durchschnittliche Reduktion der Wochenarbeitszeit betrug etwa vier Stunden. Ein Drittel der Unternehmen führte eine vollständige Vier-Tage-Woche ein, mit einer Arbeitszeitverkürzung von 20 Prozent bei vollem Lohnausgleich.
Vorteile für Mitarbeitende und Unternehmen
Laut Studienleiterin Julia Backmann erhöhte sich nicht nur die Produktivität. Die Mitarbeitenden berichteten von gesteigertem Wohlbefinden, besserer mentaler und körperlicher Gesundheit sowie höherer Zufriedenheit. Unternehmen konnten gleichzeitig die Attraktivität als Arbeitgeber steigern – ein entscheidender Faktor im Wettbewerb um Fachkräfte.
Grenzen der Studie
Kritiker weisen jedoch auf die begrenzte Aussagekraft der Ergebnisse hin. Die teilnehmenden Organisationen, insgesamt 900 Personen, sind nicht repräsentativ für die deutsche Wirtschaft. Zudem waren viele der Unternehmen bereits vor der Studie offen für innovative Arbeitszeitmodelle, was die Übertragbarkeit auf weniger flexible Branchen erschwert.
Vier-Tage-Woche: Zukunftsmodell oder Ausnahme?
Die Studie legt nahe, dass die Vier-Tage-Woche mit der richtigen Anpassung der Abläufe in bestimmten Branchen praktikabel ist. Doch ob das Modell flächendeckend funktioniert, bleibt fraglich. Vor allem in Sektoren mit hohen Anforderungen an Präsenzzeiten, wie in der Industrie oder im Gesundheitswesen, könnte die Umsetzung herausfordernd sein. Dennoch bietet das Konzept viel Potenzial, insbesondere in wissensbasierten Berufen, um die Arbeitswelt zukunftsfähig und attraktiver zu gestalten.