Unicredit und Commerzbank: Auf der Suche nach einer tragfähigen Lösung

26.11.2024
26.11.2024
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Die Übernahmepläne der italienischen Großbank Unicredit für die Commerzbank bleiben umstritten. Doch hinter den Kulissen laufen die Verhandlungen auf Hochtouren. Eine mögliche Lösung könnte die Kritiker beruhigen – und zugleich Synergien schaffen.

Politische und wirtschaftliche Hindernisse

Die potenzielle Übernahme der Commerzbank durch Unicredit polarisiert: Während Aktionäre auf Wertsteigerungen hoffen, sehen politische Akteure und Teile der Wirtschaft Vorbehalte. Eine FINANCE-Umfrage unter 172 Finanzentscheidern zeigt, dass rund die Hälfte der Befragten gegen die Übernahme ist. Hintergrund sind die sensible Rolle der Commerzbank im deutschen Mittelstand und die strategischen Interessen der Bundesregierung, die nach wievor 12 Prozent der Bankanteile hält.

Besonders in Zeiten zunehmender geopolitischer Spannungen und einer Abkehr von globalisierten Wirtschaftsmodellen sorgt der mögliche Verkauf an einen italienischen Eigentümer für Skepsis.

Eine deutsche Lösung als Kompromiss

Laut Experten könnte Unicredit auf eine „deutsche Lösung“ setzen, um die Kritiker zu besänftigen. Denkbar wäre eine Holding-Struktur, bei der die Commerzbank an der Börse bleibt und ihre deutsche Identität – einschließlich Name und Staatsanteil – zunächst wahrt. Dies würde der Bundesregierung Zeit geben, sich auf die Übernahme einzustellen, während Unicredit in späteren Schritten durch einen Squeeze-out vollständige Kontrolle erlangen könnte.

Die Analysten von Keefe, Bruyette & Woods (KBW) schätzen die möglichen Synergien auf rund 1 Milliarde Euro – insbesondere durch Einsparungen und die Zusammenführung von Geschäftsfeldern.

Hypovereinsbank als Blaupause

Ein Blick auf die Integration der Hypovereinsbank (HVB) zeigt, wie Unicredit vorgehen könnte. Nach der Übernahme der HVB in den2000er-Jahren hatte die Bank zunächst eine eigenständige Struktur beibehalten, bevor sie schrittweise enger an Mailand angebunden wurde. Seit 2023 agiert die HVB nicht mehr als Aktiengesellschaft, sondern als GmbH. Diese Entwicklung dient Marktteilnehmern als Warnung, was mit der Commerzbank geschehen könnte: eine schleichende Integration und eine Verlagerung wichtiger Entscheidungen ins Ausland.

Der Präsident des Arbeitgeberverbands Gesamtmetall, StefanWolf, kritisiert, dass die HVB unter italienischem Einfluss den Mittelstandsfokus verloren habe. Ähnliche Bedenken bestehen nun für die Commerzbank.

Widerstand und Strategien der Commerzbank

Commerzbank-Chefin Bettina Orlopp setzt darauf, den Wert der Bank durch Maßnahmen wie den RWA-Release (Abbaurisikogewichteter Aktiva) und Aktienrückkäufe zu steigern. Die Bank möchte ihre Eigenständigkeit betonen, indem sie Effizienzsteigerungen und Zuwächse im Provisionsgeschäft verfolgt. Kleinere Übernahmen, etwa im Bereich spezialisierter Dienstleistungen, sollen diese Strategie untermauern.

Analysten halten jedoch eine Übernahme durch Unicredit trotz Orlopps Bemühungen nicht für ausgeschlossen. Schließlich agiert sie im Sinne der Aktionäre, und eine Fusion könnte erhebliche Wertsteigerungen mit sich bringen.

Potenzial für Aktionäre und Risiken für die Bank

Die KBW-Analyse zeigt, dass eine Übernahme den Commerzbank-Kurs um bis zu 35 Prozent steigern könnte. Ohne eine Fusion würde der Kurs hingegen um etwa 20 Prozent fallen, da die derzeit eingepreiste M&A-Prämie wegfiele.

Unicredit könnte bis zu 21 Euro pro Aktie bieten, mit einer erwarteten Rendite von über 15 Prozent. Dies setzt jedoch voraus, dass die Integration erfolgreich Synergien hebt und die Widerstände, vor allem auf politischer Seite, überwunden werden.

Fazit: Entscheidung in Sichtweite

Die nächsten Monate könnten entscheidend sein: Analysten gehen davon aus, dass Unicredit nach dem Kapitalmarkttag der Commerzbank am 13. Februar 2025 und den Bundestagswahlen am 23. Februar ein endgültiges Angebot vorlegt. Die Übernahme bleibt jedoch ein Balanceakt zwischen wirtschaftlicher Rationalität und politischer Sensibilität.