Präzedenzfall im Plattformrecht: OLG Frankfurt verpflichtet Meta zu proaktiver Deepfake-Bekämpfung

Ein richtungweisendes Urteil des OLG Frankfurt verschärft die Haftung von Plattformbetreibern signifikant: Künftig müssen soziale Netzwerke eigeninitiativ gegen sämtliche "sinngleichen" KI-generierten Falschinhalte vorgehen – ein Paradigmenwechsel mit weitreichenden Folgen.
Neuartige "aktive Prüfpflicht" für Plattformen
Das Oberlandesgericht Frankfurt hat im Rechtsstreit zwischen dem Mediziner Eckart von Hirschhausen und Meta eine Entscheidung mit erheblicher Signalwirkung gefällt. Der Plattformbetreiber wird nicht nur zur Löschung einzelner gemeldeter Deepfake-Videos verpflichtet, sondern muss unaufgefordert sämtliche weiteren inhaltsähnlichen Postings identifizieren und entfernen.
Der Kern des Urteils liegt in der Etablierung einer "aktiven Prüfpflicht". Diese greift, sobald ein Provider über eine Rechtsverletzung in Kenntnis gesetzt wurde. Als "sinngleich" definierte das Gericht dabei nicht nur identische Inhalte, sondern auch solche mit abweichender Gestaltung bei Auflösung, Größe, Zuschnitt oder Farbfiltern – selbst hinzugefügte Captions ändern nichts an der Prüfpflicht, solange der Aussagegehalt unverändert bleibt.
Prominentes Deepfake-Opfer
Von Hirschhausen war zum Ziel eines KI-generierten Werbevideos für ein Abnehm-Mittel geworden, in dem er vermeintlich als Fürsprecher auftrat. Nachdem Meta zunächst nur reaktiv auf einzelne Meldungen reagierte, scheiterte ein erster Versuch, den Konzern zur umfassenden Unterlassung zu verpflichten, vor dem Landgericht.
Rechtliche Tragweite
Die Entscheidung kombiniert die bestehende Senatsrechtsprechung zum "Künast-Meme" mit den Anforderungen des Digital Services Act der EU. Von Hirschhausens Anwalt Götz Schneider-Rothhaar bezeichnet das Urteil als "fantastischen Meilenstein", der weitreichende Konsequenzen für Prominente und Rechteinhaber haben werde.
Die Haftungsrisiken für Plattformbetreiber steigen damit erheblich: "Weiß ein Serviceprovider zukünftig von einem Deep Fake oder auch von möglichen anderen Rechteverletzungen, kann er wegen sinngleicher Inhalte nicht nur kostenpflichtig abgemahnt werden. Die Betroffenen können vielmehr auch direkt klagen, Schadenersatz und gegebenenfalls sogar eine Entschädigung verlangen", erläutert Schneider-Rothhaar.
Da das Urteil für Meta nicht mehr anfechtbar ist, dürfte es einen Wendepunkt im rechtlichen Umgang mit KI-generierten Falschinhalten markieren.